Erfolgreiche Nierentransplantation trotz Gewebeunverträglichkeit
Vergleichbarer Erfolg zur regulären Transplantation
Wenn die Nieren nicht mehr arbeiten, müssen die Patienten entweder regelmäßig zur Dialyse oder sie erhalten eine Spenderniere (Transplantation). Das Organ kommt dabei entweder von hirntoten Spendern oder von einer dem Patienten nahestehenden Person (Lebendspende). Blutgruppe und Gewebeverträglichkeitsmerkmale (HLA-Merkmale) von Spender und Empfänger sollten möglichst übereinstimmen. Da der Empfängerorganismus selbst bei gleichen HLA-Merkmalen immer versucht, das fremde Organ abzustoßen, müssen die Patienten nach der Transplantation lebenslang Medikamente einnehmen, die die körpereigene Abwehr unterdrücken (Immunsuppression).
Präoperative Risikoeinschätzung für immunologische Hochrisiko-Patienten
Forscher der Heidelberger Abteilung für Transplantationsimmunologie sammelten mehrere Jahre lang Daten in der weltweit größten Datenbank zur Nierentransplantation (Collaborative Transplant Study), um immunologische Hochrisiko-Patienten zu identifizieren. Solche Patienten haben z.B. nach Schwangerschaften, Bluttransfusionen oder Vortransplantationen Antikörper gegen fremde Gewebemerkmale gebildet und deshalb nur geringe Chancen, ein Spenderorgan zu erhalten, bei dem die Gewebeübereinstimmungsprobe (Crossmatch) direkt vor der Operation negativ ausfällt. „Das Risiko, dass das transplantierte Organ schon bald nach der Operation wieder abgestoßen wird, ist bei ihnen besonders groß. Nur mit zusätzlichen Maßnahmen können Hochrisiko-Patienten erfolgreich transplantiert werden“, erklärt Professor Dr. Caner Süsal, Leiter des Antikörperlabors in der Abteilung für Transplantationsimmunologie.
Gleiche Transplantatüberlebensraten wie bei nicht-immunisierten Patienten
In der aktuellen Studie erhielten 34 immunologische Hochrisiko-Patienten vor und nach der Transplantation der Spenderniere eines Hirntoten (28) oder eines Lebendspenders (6) eine Plasmapherese bzw. Immunadsorption. Dies sind Verfahren, die vorhandene Antikörper aus dem Blut der Organempfänger entfernen. Zusätzlich bekamen die Patienten ein Medikament (Rituximab), das die Zellen, die neue Antikörper bilden könnten, zerstört. Mit Hilfe der intensivierten Immunsuppression und einer engmaschigen Überwachung eventueller Abstoßungsreaktionen waren rund 95 Prozent der transplantierten Nieren nach einem Jahr weiterhin funktionsfähig.
Komplikationen der im Vergleich zu nicht-immunisierten Patienten stärkeren Immunsuppression waren selten und gut beherrschbar. „Mit Hilfe der von uns getesteten Kriterien können wir Patienten nierentransplantieren, die früher meist lebenslang an der Dialyse blieben und das mit Erfolgsraten, die denen nicht immunisierter Patienten entsprechen. Unser Hochrisikopatienten-Programm ist ein gutes Beispiel dafür, wie Ergebnisse aus der Forschung nach intensiver Evaluierung erfolgreich in die Klinik umgesetzt werden“, so Privatdozent Dr. Christian Morath und Dr. Jörg Beimler, Oberarzt am Nierenzentrum der Medizinischen Universitätsklinik Heidelberg, erfreut. „Wenn wir nach der neuen Handlungsanleitung vorgehen, sind Barrieren wie Blutgruppenunverträglichkeiten und positives Crossmatch kein Ausschlusskriterium mehr für eine Transplantation“, ergänzt Professor Jan Schmidt, Sektionsleiter der Transplantationschirurgie.
Bisher jüngster Patient erfolgreich transplantiert
Inzwischen wurden in Heidelberg 49 Patienten erfolgreich nach dem Schema behandelt, zuletzt ein Kind, das mit 13 Jahren der bisher jüngste Patient ist, der von dem Programm profitiert hat. „Der Junge ist wohlauf und die Niere hat ihre Arbeit bereits komplett aufgenommen“, berichtet Professor Burkhard Tönshoff, Leitender Oberarzt am Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin.
Originalveröffentlichung: Morath C, Beimler J, Opelz G, Ovens J, Scherer S, Schmidt J, Schmied B, Gross ML, Schwenger V, Zeier M, Süsal C.; "An Integrative Approach for the Transplantation of High-Risk Sensitized Patients"; Transplantation, 2010 Jul 27. [Epub ahead of print]
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Themenwelt Antikörper
Antikörper sind spezialisierte Moleküle unseres Immunsystems, die gezielt Krankheitserreger oder körperfremde Substanzen erkennen und neutralisieren können. Die Antikörperforschung in Biotech und Pharma hat dieses natürliche Abwehrpotenzial erkannt und arbeitet intensiv daran, es therapeutisch nutzbar zu machen. Von monoklonalen Antikörpern, die gegen Krebs oder Autoimmunerkrankungen eingesetzt werden, bis hin zu Antikörper-Drug-Konjugaten, die Medikamente gezielt zu Krankheitszellen transportieren – die Möglichkeiten sind enorm.
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