Machen Umweltgifte den "Zappelphilipp" krank?
Erstaunlicherweise würden Gifte in der kindlichen Umwelt in Veröffentlichungen über ADHS kaum eine Rolle spielen, konstatiert Ulf Sauerbrey. „Aber zahlreiche Einzelstudien sprechen eine deutliche Sprache“, sagt der Wissenschaftliche Mitarbeiter am Lehrstuhl für Allgemeine Pädagogik und Theorie der Sozialpädagogik. Im direkten Lebensumfeld von Kindern liegen zahlreiche potenzielle Gefahrenquellen. Dazu gehörten insbesondere Ausdünstungen aus Teppichen, Tapeten und Anstrichen, die sich zu einem brisanten Chemie-Cocktail vermischen können. Die Wechselwirkungen verschiedener Giftstoffe sind oftmals gar nicht oder nur unzureichend erforscht. „Selbst niedrigste Konzentrationen sind schädlich, vor allem, wenn sie dauerhaft auf den kindlichen Organismus einwirken“, sagt Sauerbrey. Vorsicht sei geraten bei Polstermöbeln, die aus Ländern importiert wurden, in denen andere Grenzwerte gelten als in Deutschland. Gefährlich sei zudem Spielzeug aus Fernost, das häufig bleibelastet ist, betont Sauerbrey.
Über die Diagnose ADHS gibt es durchaus wissenschaftliche Kontroversen. „Im Grunde ist ADHS eine Störung erwünschten Verhaltens“, sagt Sauerbrey. Die Kriterien für die Diagnose wurden um 1990 entwickelt. Die unter ADHS beschriebenen Symptome sind jedoch weit älter: Bereits die 1845 im Kinderbuchklassiker „Struwwelpeter“ von Heinrich Hoffmann beschriebenen Typen Hans-Guck-in-die-Luft und Zappelphilipp weisen Merkmale der ADHS-Diagnose auf. Eine mögliche Ursache scheint offensichtlich: „Im 19. Jahrhundert war die Schadstoffbelastung der Umwelt noch viel größer als heute“, sagt Sauerbrey.
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