Machen Umweltgifte den "Zappelphilipp" krank?
Unser Kind ist anders, es benötigt besondere Hilfen, um seinen täglichen Anforderungen genügen zu können: Die Diagnose Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) bedeutet für viele Eltern einen Schock. Die Frage nach den Ursachen der ADHS rückt dabei schnell in den Hintergrund. Gerade dieser Frage geht der Erziehungswissenschaftler Ulf Sauerbrey von der Universität Jena nach. Sauerbrey hat eine Meta-Studie vorgelegt, die den Ursachen von ADHS auf den Grund geht. Sein Befund: Umweltgifte sind wahrscheinlich in hohem Maße für die Entstehung der ADHS verantwortlich.
Erstaunlicherweise würden Gifte in der kindlichen Umwelt in Veröffentlichungen über ADHS kaum eine Rolle spielen, konstatiert Ulf Sauerbrey. „Aber zahlreiche Einzelstudien sprechen eine deutliche Sprache“, sagt der Wissenschaftliche Mitarbeiter am Lehrstuhl für Allgemeine Pädagogik und Theorie der Sozialpädagogik. Im direkten Lebensumfeld von Kindern liegen zahlreiche potenzielle Gefahrenquellen. Dazu gehörten insbesondere Ausdünstungen aus Teppichen, Tapeten und Anstrichen, die sich zu einem brisanten Chemie-Cocktail vermischen können. Die Wechselwirkungen verschiedener Giftstoffe sind oftmals gar nicht oder nur unzureichend erforscht. „Selbst niedrigste Konzentrationen sind schädlich, vor allem, wenn sie dauerhaft auf den kindlichen Organismus einwirken“, sagt Sauerbrey. Vorsicht sei geraten bei Polstermöbeln, die aus Ländern importiert wurden, in denen andere Grenzwerte gelten als in Deutschland. Gefährlich sei zudem Spielzeug aus Fernost, das häufig bleibelastet ist, betont Sauerbrey.
Über die Diagnose ADHS gibt es durchaus wissenschaftliche Kontroversen. „Im Grunde ist ADHS eine Störung erwünschten Verhaltens“, sagt Sauerbrey. Die Kriterien für die Diagnose wurden um 1990 entwickelt. Die unter ADHS beschriebenen Symptome sind jedoch weit älter: Bereits die 1845 im Kinderbuchklassiker „Struwwelpeter“ von Heinrich Hoffmann beschriebenen Typen Hans-Guck-in-die-Luft und Zappelphilipp weisen Merkmale der ADHS-Diagnose auf. Eine mögliche Ursache scheint offensichtlich: „Im 19. Jahrhundert war die Schadstoffbelastung der Umwelt noch viel größer als heute“, sagt Sauerbrey.
Meistgelesene News
Organisationen
Weitere News aus dem Ressort Wissenschaft

Holen Sie sich die Life-Science-Branche in Ihren Posteingang
Mit dem Absenden des Formulars willigen Sie ein, dass Ihnen die LUMITOS AG den oder die oben ausgewählten Newsletter per E-Mail zusendet. Ihre Daten werden nicht an Dritte weitergegeben. Die Speicherung und Verarbeitung Ihrer Daten durch die LUMITOS AG erfolgt auf Basis unserer Datenschutzerklärung. LUMITOS darf Sie zum Zwecke der Werbung oder der Markt- und Meinungsforschung per E-Mail kontaktieren. Ihre Einwilligung können Sie jederzeit ohne Angabe von Gründen gegenüber der LUMITOS AG, Ernst-Augustin-Str. 2, 12489 Berlin oder per E-Mail unter widerruf@lumitos.com mit Wirkung für die Zukunft widerrufen. Zudem ist in jeder E-Mail ein Link zur Abbestellung des entsprechenden Newsletters enthalten.