Erfolg in der Enzymforschung: Neuartige Wirkstoffklasse entwickelt

"Bisherige Substanzen, dagegen wirkten häufig unspezifisch und verursachten unerwünschte Nebenwirkungen"

17.04.2025
© ZMB/AG Kaiser

Die Abbildung zeigt, wie das Molekül Sulphostin (in Gelb und Orange) mit der S730A-DPP9 Mutante des Enzyms DPP9 wechselwirkt. Rote und blaue Kugeln stehen für Sauerstoff- und Stickstoffatome.

Im Inneren von Zellen sitzen zwei wichtige Enzyme, sie sind wie kleine Kontrollzentralen: Dipeptidylpeptidase 8 und 9 – kurz DPP8/9. Sie steuern unter anderem Entzündungsreaktionen und beeinflussen, ob eine Zelle weiterlebt oder abstirbt. Gerade bei Krebszellen spielen diese Mechanismen eine entscheidende Rolle. Mithilfe von Medikamenten, die DPP8/9 blockieren, ließen sich demnach Tumore bekämpfen. Bislang fehlte es jedoch an Wirkstoffen, die nur diese beiden Enzyme gezielt ausschalten, ohne andere wichtige Proteine und Vorgänge im Körper zu stören.

Forschenden aus dem Zentrum für Medizinische Biotechnologie (ZMB) der Universität Duisburg-Essen ist nun ein Durchbruch gelungen: Sie haben eine neuartige Wirkstoffklasse entwickelt, die DPP8/9 hocheffektiv und selektiv hemmt. Ihre Ergebnisse haben sie soeben in der Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlicht.

Für ihre Studie haben sich die Forschenden den natürlichen Hemmstoff Sulphostin genau angeschaut. Von diesem ist bekannt, dass er gegen ein anderes Enzym (DPP4) wirkt. An einer bestimmten Stelle von Sulphostin, dem sogenannten „Warhead“, nahmen die Wissenschaftler:innen gezielt strukturelle Veränderungen vor. Daraus entwickelten sie so genannte N-Phosphonopiperidone – Moleküle, die sich wie ein maßgeschneiderter Schlüssel in die Zielstruktur von DPP8/9 einfügen. „Diese neuen Verbindungen blockieren DPP8/9 hochwirksam und greifen gleichzeitig kaum in andere zelluläre Prozesse ein. Bisherige Substanzen, dagegen wirkten häufig unspezifisch und verursachten unerwünschte Nebenwirkungen“, erklärt Prof. Dr. Markus Kaiser vom ZMB. Sein Team hat die Entwicklung maßgeblich getragen. Partner waren die Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Doris Hellerschmied (ebenfalls ZMB), das Uniklinikum Freiburg und ein Biotech-Unternehmen.

„Unsere Studie zeigt, dass es durch präzises Finetuning von Naturstoffstrukturen möglich ist, DPP8/9 gezielt und selektiv zu hemmen – ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu neuen, nebenwirkungsarmen Therapien“, so Kaiser. Die neu entwickelten Moleküle könnten nicht nur für die Krebstherapie von Bedeutung sein, sondern auch bei entzündlichen oder autoimmunen Erkrankungen eingesetzt werden.

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