Sehen Sie auch Gesichter im Kaffeeschaum?

Forschende ergründen mithilfe künstlicher Intelligenz mögliche Ursachen für bekannte Sinnestäuschung

04.03.2025
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Symbolbild

Wir sehen Gesichter im Alltag überall – auch da, wo eigentlich keine sind, im Schaum unseres morgendlichen Kaffees beispielsweise, auf Baumstämmen oder in den Wolken. Warum wir Menschen die Fähigkeit besitzen, in den unterschiedlichsten Objekten Augen, Münder und teils auch Nasen zu erkennen, ist bislang nicht geklärt. Forschende der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) vermuten, dass diese Sinnestäuschung, die sogenannte Gesichtspareidolie, darauf beruht, dass unser Gehirn zweierlei Fähigkeiten zur gleichen Zeit perfektioniert hat: nämlich einerseits Gesichter zu erkennen und andererseits Objekte zu klassifizieren. Die Studie ist in der Fachzeitschrift PLOS Computational Biology veröffentlicht worden.

Die beiden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der JLU haben Reaktionen auf bestimmte Sinnesreize im Gehirn von Versuchspersonen mit neuronalen Netzwerken verglichen, die sie mithilfe künstlicher Intelligenz entwickelt hatten. Nur eines dieser computergesteuerten Netzwerke reagierte ähnlich wie ein menschliches Gehirn auf vermeintliche Gesichtsmerkmale in unbelebten Objekten – nämlich dasjenige, das zuvor gleichzeitig darin geschult wurde, Gesichter zu identifizieren und Objekte in verallgemeinerbare Kategorien einzuordnen.

„Dieses Ergebnis deutet darauf hin, dass diese Sinnestäuschung auch beim Menschen darauf zurückzuführen ist, dass unser Gehirn zeitgleich gelernt hat, Gesichter zu erkennen und Objekte zu kategorisieren“, sagt Prof. Dr. Katharina Dobs, Professorin für Angewandte Informatik mit dem Schwerpunkt Kognitive Systeme. „Wenn wir also in unserem Kaffeeschaum oder in den Wolken ein Gesicht sehen, ist das keine zufällige Kuriosität, sondern ein systematisches Nebenprodukt der Optimierung unseres Gehirns.“

Die Studie leistet laut der Letztautorin nicht nur einen Beitrag dazu, die möglichen Ursachen der Gesichtspareidolie zu ergründen – die Forschenden wollen damit auch auf das Potenzial künstlicher neuronaler Netzwerke aufmerksam machen, um andere komplexe Phänomene rund um das menschliche Sehen zu erforschen. 

Prof. Dobs arbeitet im interdisziplinären Bereich der Wahrnehmungsforschung, der derzeit auch an der Exzellenzcluster-Initiative „The Adaptive Mind“ in der bundesweiten Exzellenzstrategie beteiligt ist. Für Studierende, die sich für das Forschungsgebiet interessieren, bietet die JLU den internationalen Master-Studiengang „Mind, Brain and Behaviour“ an.

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