Reparatur mit Genschere birgt Risiken

Studie bietet wertvolle Anhaltspunkte für die Entwicklung von Gen-Editierungs-Therapien

07.11.2024
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Symbolbild

Die Genschere CRISPR hat das Potenzial, die Therapie von genetisch bedingten Krankheiten zu revolutionieren. Denn damit lassen sich gezielt fehlerhafte Abschnitte im Erbgut korrigieren. Doch ganz so einfach ist es leider nicht: Unter bestimmten Umständen führt die Reparatur zu neuen Gendefekten – etwa im Fall der chronischen Granulomatose. Dies berichtet ein gemeinsames Team von Grundlagenforschern und Ärztinnen des klinischen Forschungsschwerpunktprogramms «ImmuGene» der Universität Zürich (UZH).

Die chronische Granulomatose ist eine seltene Erbkrankheit, die etwa eine von 120'000 Personen trifft. Die Krankheit beeinträchtigt das Immunsystem und macht Betroffene anfällig für schwere, sogar lebensbedrohliche Infektionen. Der Grund ist das Fehlen von zwei Buchstaben, den sogenannten Basen, in der DNA-Sequenz eines Gens namens NCF1. Durch diesen Fehler wird ein Enzymkomplex nicht hergestellt, der eine wichtige Rolle bei der Abwehr von Bakterien und Schimmelpilzen spielt.

CRISPR-Methode funktioniert…

Dem Forschungsteam ist es nun gelungen, mit Hilfe des CRISPR-Systems die fehlenden Buchstaben an der richtigen Stelle in das Gen einzufügen. Sie führten die Experimente in Zellkulturen von Immunzellen durch, die den gleichen Gendefekt aufwiesen wie Menschen mit chronischer Granulomatose. «Das ist ein vielversprechendes Ergebnis für den Einsatz der CRISPR-Technologie zur Korrektur der Mutation, die dieser Krankheit zugrunde liegt», sagt Teamleiterin Janine Reichenbach, Professorin für Somatische Gentherapie am Universitäts-Kinderspital Zürich und am Institut für Regenerative Medizin der UZH.

… aber leider nicht perfekt

Allerdings zeigte sich, dass einige der reparierten Zellen nun neue Fehler aufwiesen: Es fehlten ganze Abschnitte des Chromosoms, in dem die Reparatur stattgefunden hatte. Der Grund dafür liegt in einer besonderen genetischen Konstellation des NCF1-Gens: Es liegt auf dem Chromosom gleich dreimal vor, einmal als aktives Gen und zweimal in Form von sogenannten Pseudogenen – diese haben die gleiche Sequenz wie das defekte NCF1 und werden normalerweise nicht für die Bildung des Enzymkomplexes benutzt.

Die Genschere CRISPR kann zwischen den verschiedenen Versionen des Gens nicht unterscheiden und schneidet so den DNA-Strang gelegentlich an mehreren Stellen auf dem Chromosom durch – sowohl beim NCF1-Gen als auch an den Pseudogenen. Werden die Schnittstellen dann wieder zusammengefügt, kann es passieren, dass ganze Genabschnitte falsch angeordnet sind oder fehlen. Dies kann unabsehbare medizinische Folgen haben und schlimmstenfalls auch zur Entwicklung von Blutkrebs beitragen. «Das mahnt zur Vorsicht beim Einsatz der CRISPR-Technologie im klinischen Umfeld», so Reichenbach.

Sichereres Verfahren gesucht

Um das Risiko zu minimieren, testete das Team eine Reihe von alternativen Ansätzen, zum Beispiel modifizierte Versionen von CRISPR-Komponenten. Oder die Verwendung von Schutzelementen, die die Wahrscheinlichkeit verringern, dass die Genschere das Chromosom gleichzeitig an mehreren Stellen durchschneidet. Leider liessen sich die unerwünschten Nebeneffekte durch keine dieser Massnahmen vollständig verhindern.

«Diese Studie zeigt sowohl die vielversprechenden als auch die herausfordernden Aspekte von CRISPR-basierten Therapien auf», sagt Mitautor Martin Jinek, Professor am Biochemischen Institut der UZH. Sie biete wertvolle Anhaltspunkte für die Entwicklung von Gen-Editierungs-Therapien für chronische Granulomatose und andere Erbkrankheiten. «Aber es braucht noch mehr technologische Fortschritte, die die Methode in Zukunft sicherer und effektiver machen.»

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