Wie Algen ihr Zellwachstum optimieren

Eine Alpha-Amylase als Wachstums-Booster?

26.06.2024
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Hinter der Verlängerung eines Enzyms für den Abbau von Stärke könnte sich ein Sensor für Stickstoff verbergen. Signalisiert er viel Stickstoff, schaltet die Alge beim Wachstum den Turbo ein.

Lebewesen bestehen zu einem großen Anteil aus Kohlenstoff- und Stickstoff-Verbindungen. Diese müssen mit der Nahrung aufgenommen oder bei Pflanzen durch die Fotosynthese hergestellt werden. Eine bislang rätselhafte Verlängerung an einem stärkeabbauenden Enzym könnte bei Algen eine Art Fühler sein, wie viel Stickstoff gerade vorhanden ist. Gibt es davon reichlich, setzen die Algenzellen schnell viele Bausteine für ihr Wachstum frei. Das Forschungsteam um Privatdozentin Dr. Anja Hemschemeier und Dr. Lisa Scholtysek aus der Photobiotechnologie-Gruppe an der Ruhr-Universität Bochum berichtet in der Zeitschrift Plant Direct vom 20. Juni 2024.

Ein stärkeabbauender Biokatalysator als Stickstoffsensor

Die optimale Zusammensetzung einer lebenden Zelle beruht auf einem bestimmten Verhältnis von Kohlenstoff und Stickstoff, doch die Mengen dieser Elemente in unserer Nahrung oder in der Umwelt von Pflanzen und Algen sind meistens nicht so perfekt ausbalanciert. Daher müssen Lebewesen ihren Stoffwechsel und ihre chemische Zusammensetzung auf die Verfügbarkeit dieser und anderer chemischer Baustoffe abstimmen.

In Pflanzen werden kohlenstoffhaltige Verbindungen, die nicht sofort verwertet werden, als Stärke gespeichert. Verschiedene Biokatalysatoren – auch Enzyme genannt – setzen Kohlenstoffgerüste wieder aus der Stärke frei, wenn sie als Baustoffe oder Energiequelle gebraucht werden. Eines dieser Enzyme ist die Alpha-Amylase, die das Bochumer Forschungsteam aus der Mikroalge Chlamydomonas reinhardtii untersucht hat.

Dabei machten die Forschenden eine überraschende Entdeckung: „Das Enzym hat eine Verlängerung, die für den Stärkeabbau nicht benötigt wird“, erklärt Anja Hemschemeier, Leiterin der Studie. „Dieser Proteinteil wurde in ähnlicher Form schon in vielen Enzymen entdeckt, und er hat dort meistens die Funktion, die Biokatalyse zu regulieren“, berichtet sie. „Oft erkennt dieser Proteinteil kleine Verbindungen, die in dem entsprechenden Stoffwechselweg eine Rolle spielen, sodass etwa die Geschwindigkeit dieses Stoffwechsels angepasst und mit anderen koordiniert werden kann.“

Lisa Scholtysek, Erstautorin der Studie, testete den Effekt vieler verschiedener Substanzen auf die Amylase-Aktivität, bis sie schließlich eine fand, welche die Enzymaktivität deutlich erhöhte, und zwar die Aminosäure Glutamin. Diese stickstoffhaltige Verbindung ist ein Baustein von Proteinen. In vielen Lebewesen ist Glutamin aber auch das erste Produkt der Stickstoffaufnahme und dient gleichzeitig als Signal dafür, wieviel Stickstoff für Biosynthesezwecke zur Verfügung steht.

Eine Alpha-Amylase als Wachstums-Booster?

Bisher ist diese Kombination aus stärkeabbauendem Enzym und Glutamin-Sensor nicht beschrieben worden. Allerdings scheinen anhand bioinformatischer Analysen der Forschenden viele Mikroalgen diese spezielle Kombination zu besitzen. „Wir sind hier noch ganz am Anfang der Forschung“, sagt Anja Hemschemeier. „Bisher haben wir diesen Effekt nur auf der Ebene des isolierten Biokatalysators aus Chlamydomonas untersucht. Ein wichtiger nächster Schritt ist es, dies in der lebenden Algenzelle zu analysieren.“

Allerdings haben die Forschenden eine Hypothese: „Es könnte sein, dass diese Alpha-Amylase registriert, wenn viel Stickstoff vorhanden ist, um daraufhin schneller Kohlenstoff-Gerüste für die Herstellung stickstoff- und kohlenstoffhaltiger Zellbausteine aus der Stärke freizusetzen.“ Damit könnte das Zellwachstum optimiert werden, wenn Algen optimale Bedingungen vorfinden.

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