Frontotemporale Demenz: Ansatz für Gentherapie
Eine neue Methode gegen die schwere Krankheit nutzt modifizierte Viren, um ein fehlendes Protein im Gehirn zu ersetzen
Die Ursache für Frontotemporale Demenz ist bei bis zu 40% der Fälle genetisch: Wer die entsprechende genetische Veränderung in sich trägt, erkrankt unausweichlich. Forschende der Medizinischen Fakultät der LMU und des Deutschen Zentrums für Neurodgenerative Erkrankungen (DZNE) haben in enger Zusammenarbeit mit Denali Therapeutics in San Francisco nun einen Therapieansatz entwickelt, der es ermöglicht, das fehlende Protein im Gehirn zu ersetzen und ihre Ergebnisse im Fachmagazin Science Translational Medicine veröffentlicht. „Hierzu haben wir Progranulin in das Erbgut eines Virus eingebaut“, erklärt Dr. Anja Capell, Leitende Wissenschaftlerin am Biomedizinischen Centrum der LMU und eine der Seniorautorinnen. Im Anschluss spritzte das Team die so modifizierten Viren in die Blutbahn von Mausmodellen. „Der Virus befiel gezielt Leberzellen, die dann Progranulin in großen Mengen produzieren und in das Blut abgeben.“ So umgeht dieser Ansatz die Injektion von Viren direkt in das Gehirn, was mit erheblichen Nebenwirkungen verbunden sein könnte. Damit diese periphere Lösung funktioniert, mussten die Forschenden einen Trick anwenden, um die Bluthirnschranke zu überwinden. Diese blockiert normalerweise den Austausch von Biomolekülen zwischen Blut und Gehirn. Ein sogenannter Gehirn-Shuttle, der von Denali Therapeutics entwickelt wurde, ermöglicht den sehr effektiven Transport über diese Barriere.
Die Symptome in einem Mausmodell gehen massiv zurück
„Nach einmaliger Verabreichung des Virus haben wir dann überprüft, ob dadurch die Krankheitsmerkmale zurückgehen“, sagt Professor Dominik Paquet vom Institut für Schlaganfall und Demenzforschung, ebenfalls einer der Hauptautoren und Mitglied im Exzellenzcluster SyNergy. Tatsächlich ließen sich Schädigungen des Proteinabbaus, die Ablagerung unlöslicher giftiger Proteine, eine Entzündung des Gehirns, Bewegungsstörungen und der Tod von Nervenzellen massiv reduzieren. „Daraufhin haben wir in Stammzellmodellen überprüft, ob sich dieser Ansatz auf den Menschen übertragen lässt.“ Auch hier konnten die Merkmale der Erkrankung deutlich reduziert werden. Mit ihrem Ansatz konnten die Forschenden zeigen, dass Formen der Frontotemporalen Demenz, die auf einem teilweisen Verlust von Progranulin beruhen, in vorklinischen Versuchen mithilfe einer Ersatztherapie behandelbar sind.
„Solche umfangreichen multidisziplinären Arbeiten sind nur im Team möglich. Ich freue mich, dass unser Exzellenzcluster SyNergy uns hierzu einmalige Möglichkeiten bietet“, meint Professor Christian Haass vom Biomedizinischen Centrum der LMU, einer der Studienleiter und Sprecher von SyNergy. „Gleichzeitig zeigt diese Arbeit auch, wie wichtig es ist, dass wir die Zusammenarbeit mit führenden Biotech-Firmen intensivieren, um unsere Forschung möglichst schnell zugunsten der Patienten in die Anwendung bringen zu können.“
Originalveröffentlichung
Marvin Reich, Matthew J. Simon, Beate Polke, Inaki Paris, Georg Werner, Christian Schrader, Lena Spieth, Sonnet S. Davis, Sophie Robinson, Gabrielly Lunkes de Melo, Lennart Schlaphoff, Katrin Buschmann, Stefan Berghoff, Todd Logan, Brigitte Nuscher, ... Anja Capell, Gilbert Di Paolo, Christian Haass et al.; "Peripheral expression of brain-penetrant progranulin rescues pathologies in mouse models of frontotemporal lobar degeneration"; Science Translational Medicine, Volume 16
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Themenwelt Gentherapie
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