Das alternde Gehirn: Protein-Kartierung liefert neue Erkenntnisse
Forschende der LMU und des Exzellenzclusters SyNergy haben analysiert, wie sich das Proteom bestimmter Hirnzellen im Alter verändert
Die molekularen Veränderungen, die diesem Funktionsverlust zugrunde liegen, sind bisher jedoch unzureichend bekannt. Um sie besser zu verstehen, untersuchen Forschende in molekularen Profiling-Studien die verschiedenen Bestandteile der Hirnendothelzellen und sammeln ihre Erkenntnisse in groß angelegten Datenbanken. „Das Transkriptom, also die in den Endothelzellen enthaltene RNA, ist inzwischen recht umfassend kartiert“, sagt LMU-Professor Martin Dichgans vom Institut für Schlaganfall- und Demenzforschung am LMU-Klinikum und einer der Verantwortlichen im Exzellenzcluster SyNergy. „Was bislang aber fehlte, sind entsprechende Daten zur Gesamtheit aller Proteine in den Zellen, dem sogenannten Proteom.“ Eine kürzlich im Fachmagazin Nature Aging publizierte Studie unter maßgeblicher Beteiligung von Forschenden der LMU und SyNergy schließt nun diese Wissenslücke.
Fehlregulierter Stoffwechsel
Dafür entwickelte das Team ein spezielles Protokoll zur Anreicherung von Hirnendothelzellen der Maus, mit dem altersabhängige Veränderungen in der Proteinzusammensetzung aufgelöst werden können. Anhand einer Clusteranalyse setzten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler diese Proteindynamik dann mit biologischen Funktionen in Verbindung. „Unsere Ergebnisse zeigen Fehlregulationen von Schlüsselmolekülen bei der Stoffaufnahme in die Zellen, dem Rezeptorrecycling und dem Abbau von Stoffen im Lysosom“, so Dichgans.
Zu den auffälligsten Veränderungen gehörte ein Rückgang von Proteinen, die am Vesikel-vermittelten Transport beteiligt sind. Außerdem liefert die Studie Belege dafür, dass ein Mangel des im Fettstoffwechsel relevanten Apolipoproteins E die Alterung beschleunigen kann. „Die Ergebnisse ergänzen und erweitern Erkenntnisse aus Studien zur RNA-Sequenzierung von Hirnendothelzellen im Verlauf des Alterns“, meint Dichgans. „Unser Proteomik-Ansatz erfasst z.B. Prozesse, die auf der RNA-Ebene nicht erkannt werden.“ Insgesamt biete die Studie einen Rahmen für das Verständnis wichtiger endothelialer Signalwege während der Alterung und diene als Datengrundlage für zukünftige Analysen der Gehirnendothel-Funktion. Ihre Daten zur altersabhängigen Proteinhäufigkeit des Maus-Endothels bieten die Forscherinnen und Forscher in einer öffentlich zugänglichen Datenbank zur weiteren Nutzung an.
Originalveröffentlichung
Katalin Todorov-Völgyi, Judit González-Gallego, Stephan A. Müller, Nathalie Beaufort, Rainer Malik, Martina Schifferer, Mihail Ivilinov Todorov, Dennis Crusius, Sophie Robinson, Andree Schmidt, Jakob Körbelin, Florence Bareyre, Ali Ertürk, Christian Haass, Mikael Simons, Dominik Paquet, Stefan F. Lichtenthaler, Martin Dichgans; "Proteomics of mouse brain endothelium uncovers dysregulation of vesicular transport pathways during aging"; Nature Aging, 2024-3-22