Bayer will bis 2026 Performance steigern und strategische Flexibilität zurückgewinnen

Strukturelle Veränderungen bleiben eine Option, aber „nicht jetzt"

06.03.2024
Bayer AG

Der Bayer-Konzern hat seine angepassten Ziele für das Geschäftsjahr 2023 erreicht. Auf der Bilanz-Pressekonferenz in London nahm der Vorstandsvorsitzende Bill Anderson am Dienstag eine Bestandsaufnahme vor und richtete den Blickin seiner Rede nach vorne. „Wir sind ein Life-Science-Unternehmen mit hoher Schlagkraft, das von einer großartigen Mission getragen wird, und wir haben drei starke Divisionen. Aber an vier Stellen gibt es dringenden Handlungsbedarf“, sagte Anderson mit Blick auf Patentabläufe und die Pipeline der Division Pharmaceuticals, die US-Rechtsstreitigkeiten, den hohen Schuldenstand sowie auf die hierarchische Bürokratie, die den Fortschritt blockiere.

Das Unternehmen werde in den kommenden 24 bis 36 Monaten seine Energie und seinen Fokus darauf richten, eine starke Pharma-Pipeline aufzubauen, die rechtlichen Risiken zu reduzieren, die Verschuldung zu senken und das radikal neue Organisationsmodell Dynamic Shared Ownership (DSO) weiter einzuführen, um die Performance zu steigern. DSO soll Hierarchien abbauen, Bürokratie beseitigen, Strukturen verschlanken und Entscheidungsprozesse deutlich beschleunigen. Es gelte, sich voll und ganz auf Kunden und Produkte zu konzentrieren sowie in jedem Geschäft des Unternehmens schlanker und effektiver zu sein als die Wettbewerber. Dadurch würden ab 2026 jährlich zwei Milliarden Euro an Organisationskosten eingespart, wobei Kostensenkungen nur einer der positiven Effekte seien. Letztlich soll DSO das Wachstum durch bessere Kundenorientierung sowie höhere Innovationsgeschwindigkeit ankurbeln und so beispielsweise die Pharma-Pipeline stärken. Die Division Crop Science soll ihre führende Position in der Landwirtschaft durch bahnbrechende Innovationen ausbauen und in den kommenden zehn Jahren zehn Blockbuster auf den Markt bringen. Zudem soll Consumer Health mit führenden Marken besser abschneiden als der Wettbewerb.

Um die rechtlichen Risiken und die damit verbundenen Unsicherheiten zu reduzieren, passt das Unternehmen seine Strategie an und wird neue Ansätze inner- und außerhalb der Gerichtssäle verfolgen. Den Verschuldungsgrad will Bayer in Richtung eines A-Ratings senken. Dafür plant das Unternehmen neben profitablerem Wachstum unter anderem – wie bereits kommuniziert –, bei der Dividende für drei Jahre das gesetzlich geforderte Minimum auszuschütten.

Die Antwort auf die Frage nach der künftigen Struktur und einer möglichen Aufspaltung des Konzerns laute „nicht jetzt“ – und damit sei nicht „niemals“ gemeint. „Natürlich werden wir für alles offenbleiben“, so Anderson. Angesichts des stark begrenzten Handlungsspielraums „liegt unser Hauptaugenmerk jetzt jedoch auf der Bewältigung unserer Herausforderungen, der Steigerung unserer Performance und der Schaffung strategischer Flexibilität. Wir sind davon überzeugt, dass dieser Ansatz das Beste für Bayer ist.“

2023: Umsatz- und Ergebnisrückgang – angepasste Jahresziele erreicht

Mit Blick auf das Geschäftsjahr 2023 sagte Finanzvorstand Wolfgang Nickl: „Wir haben den angepassten Ausblick bei allen wichtigen Geschäftszahlen erreicht.“ Der Konzernumsatz verringerte sich währungs- und portfoliobereinigt (wpb.) um 1,2 Prozent auf 47,637 Milliarden Euro. Das EBITDA vor Sondereinflüssen sank um 13,4 Prozent auf 11,706 Milliarden Euro. Hierin enthalten waren negative Währungseffekte in Höhe von 375 (Vorjahr: plus 429) Millionen Euro. Aufgrund der verminderten Zielerreichung reduzierte sich auch der Aufwand für alle Divisionen für das konzernweite Short-Term-Incentive-Programm um insgesamt etwa 1 Milliarde Euro. Auch der Aufwand für das Long-Term-Incentive-Programm war um rund 0,4 Milliarden Euro niedriger als im Vorjahr. Die EBITDA-Marge vor Sondereinflüssen betrug 24,6 Prozent und lag damit um 2,0 Prozentpunkte unter dem Vorjahr. Das EBIT belief sich auf 612 Millionen (Vorjahr: 7,012 Milliarden) Euro. Darin enthalten waren per saldo Sonderaufwendungen von 6,977 (Vorjahr: 2,245) Milliarden Euro. Diese resultierten hauptsächlich aus Wertminderungen im Wesentlichen innerhalb der Division Crop Science. Das Konzernergebnis belief sich auf minus 2,941 (Vorjahr: plus 4,150) Milliarden Euro. Das bereinigte Konzernergebnis je Aktie verringerte sich um 19,5 Prozent auf 6,39 Euro.

Der Free Cash Flow reduzierte sich um 57,9 Prozent auf 1,311 Milliarden Euro. Die Nettofinanzverschuldung zum 31. Dezember stieg gegenüber Ende 2022 um 8,5 Prozent auf 34,498 Milliarden Euro. Mittelzuflüsse aus der operativen Geschäftstätigkeit und positive Währungseffekte konnten die Auszahlungen für die Dividendenausschüttung und die Vergleichszahlungen für die Rechtsfälle in den USA nicht vollständig ausgleichen.

Umsatz und Ergebnis von Crop Science gegenüber sehr starkem Vorjahr deutlich rückläufig, v. a. durch gesunkene Glyphosat-Preise

Obwohl das Agrargeschäft (Crop Science) in Europa/Nahost/Afrika und Asien/Pazifik zulegte, verzeichnete es insgesamt einen Umsatzrückgang von wpb. 3,7 Prozent auf 23,270 Milliarden Euro. Dieser ist vor allem auf erhebliche Preisrückgänge bei glyphosathaltigen Produkten aufgrund reduzierter Preise für Generika zurückzuführen, was bei den Herbiziden zu einem Umsatzminus von wpb. 26,0 Prozent führte. Innerhalb des restlichen Portfolios sorgten innovative Produkte und höhere Agrarproduktpreise in einem inflationsgetriebenen Marktumfeld für eine insgesamt positive Preisentwicklung. Besonders bei Maissaatgut und Pflanzeneigenschaften gelang ein Umsatzplus (wpb. 13,8 Prozent) vor allem aufgrund von Preissteigerungen. Aufwärts ging es auch bei den Fungiziden (wpb. um 8,8 Prozent) – im Wesentlichen durch Preissteigerungen in Europa/Nahost/Afrika sowie Mengenausweitungen in Latein- und Nordamerika. Vor allem dank höherer Lizenzeinnahmen in Lateinamerika stieg der Umsatz bei Sojabohnensaatgut und Pflanzeneigenschaften wpb. um 5,5 Prozent.

Das EBITDA vor Sondereinflüssen von Crop Science sank um 26,6 Prozent auf 5,038 Milliarden Euro – im Wesentlichen wegen der erheblichen Preisrückgänge bei glyphosathaltigen Produkten. Zusätzlich belasteten insbesondere inflationsbedingt gestiegene Herstellungskosten das Ergebnis. Zu verzeichnen war ein positiver Währungseffekt von 103 (Vorjahr: 284) Millionen Euro. Die EBITDA-Marge vor Sondereinflüssen sank um 5,6 Prozentpunkte auf 21,7 Prozent.

Pharmaceuticals mit stabilem Umsatz (wpb.), Ergebnis rückläufig

Der Umsatz mit rezeptpflichtigen Medikamenten (Pharmaceuticals) lag mit 18,081 Milliarden Euro auf dem Niveau des Vorjahres (wpb. minus 0,4 Prozent). Signifikante Zuwächse gelangen mit den neuen Produkten, dem Krebsmedikament Nubeqa™ (wpb. 93,6 Prozent) und Kerendia™ (wpb. 160,6 Prozent) zur Behandlung der chronischen Nierenerkrankung in Verbindung mit Typ-2-Diabetes. Weiter steigern konnte die Division zudem den Umsatz mit dem Augenmedikament Eylea™ (wpb. um 5,6 Prozent) sowie im Bereich Radiologie mit den Produktfamilien Ultravist™, CT Fluid Delivery und Gadovist™. Gegenläufig wirkten deutlich niedrigere Umsatzerlöse in China, u. a. infolge von pandemiebedingten Entwicklungen zu Beginn des Jahres und Tenderverfahren bei Adalat™ zur Behandlung von Herzerkrankungen (globaler Umsatz wpb. minus 27,2 Prozent). Im 2. Halbjahr war die Nachfrage zusätzlich durch eine Antikorruptionskampagne im Gesundheitssektor in China indirekt beeinträchtigt. Auch der Umsatz mit dem oralen Gerinnungshemmer Xarelto™ war erwartungsgemäß rückläufig (wpb. minus 6,1 Prozent). Das war auf generischen Wettbewerbs- und Preisdruck zurückzuführen.

Das EBITDA vor Sondereinflüssen von Pharmaceuticals sank um 11,6 Prozent auf 5,189 Milliarden Euro. Dies war vor allem bedingt durch einen nachteiligen Produktmix, inflationsbedingt höhere Kosten sowie gestiegene Investitionen für Forschung und Entwicklung in den Zell- und Gentherapie- sowie Chemoproteomik-Technologien und Projekte der fortgeschrittenen klinischen Entwicklung. Positiv wirkten gesunkene Vermarktungskosten sowie in geringerem Umfang höhere Erträge aus dem Verkauf von Randgeschäften. Es waren negative Währungseffekte von 221 (Vorjahr: positive Währungseffekte von 9) Millionen Euro zu verzeichnen. Die EBITDA-Marge vor Sondereinflüssen sank um 1,8 Prozentpunkte auf 28,7 Prozent.

Consumer Health setzt positive Geschäftsentwicklung fort

Mit rezeptfreien Gesundheitsprodukten (Consumer Health) setzte Bayer 6,027 Milliarden Euro um – wpb. 6,3 Prozent mehr als im starken Vorjahr. Dabei wuchs die Division in allen Regionen außer Nordamerika, wo der Umsatz auf Vorjahresniveau lag. Wpb. prozentual zweistellige Umsatzsteigerungen gelangen in den Kategorien Dermatologie (12,1 Prozent), u. a. aufgrund einer anhaltend hohen Nachfrage nach Bepanthen™ und Canesten™, sowie Schmerz und Kardio (11,5 Prozent). Die Kategorie Allergie und Erkältung legte wpb. um 6,8 Prozent zu – aufgrund einer starken Erkältungssaison insbesondere in Europa und trotz einer schwächeren Allergiesaison. Das Geschäft mit Nahrungsergänzungsmitteln lag auf Vorjahresniveau (wpb. minus 0,4 Prozent).

Das EBITDA vor Sondereinflüssen von Consumer Health erhöhte sich um 3,2 Prozent auf 1,411 Milliarden Euro. Die um Sondereinflüsse bereinigte EBITDA-Marge stieg um 0,9 Prozentpunkte auf 23,4 Prozent. Wesentlich trug dazu das mehrjährige Effizienzprogramm bei, ebenso das erfolgreiche Preismanagement sowie anhaltende Umsatzsteigerungen. Sie konnten inflationsbedingt stark gestiegene Kosten, höhere Investitionen zur Vermarktung innovativer Produkte und negative Währungseffekte von 133 (Vorjahr: positive Währungseffekte von 85) Millionen Euro mehr als ausgleichen.

Ausblick: Ergebnis unter Vorjahr, höherer Free Cash Flow erwartet

Bereinigt um Währungseffekte (also auf Basis der monatlichen Durchschnittskurse des Jahres 2023) erwartet Bayer für das Jahr 2024 einen Umsatz von 47 Milliarden bis 49 Milliarden Euro. Das Unternehmen rechnet mit einem EBITDA vor Sondereinflüssen von währungsbereinigt (wb.) 10,7 Milliarden bis 11,3 Milliarden Euro. Für das bereinigte Ergebnis je Aktie plant es wb. einen Wert von 5,10 bis 5,50 Euro. Der Free Cash Flow soll sich wb. auf 2 Milliarden bis 3 Milliarden Euro belaufen. Zum Jahresende 2024 rechnet der Konzern mit einer Nettofinanzverschuldung von wb. 32,5 Milliarden bis 33,5 Milliarden Euro.

Auf Divisionsebene erwartet Bayer eine wpb. Umsatzentwicklung von minus 1 bis plus 3 Prozent bei Crop Science, minus 4 bis 0 Prozent bei Pharmaceuticals und plus 3 bis 6 Prozent bei Consumer Health. Zudem plant das Unternehmen wb. mit einer EBITDA-Marge vor Sondereinflüssen von 20 bis 22 Prozent bei Crop Science, 26 bis 29 Prozent bei Pharmaceuticals und 23 bis 24 Prozent bei Consumer Health.

Basierend auf den Wechselkursen zum Stichtag 31. Dezember 2023 rechnet Bayer abweichend von den oben genannten währungsbereinigten Werten auf Konzernebene mit einem Umsatz von 46 Milliarden bis 48 Milliarden Euro sowie mit einem bereinigten Ergebnis je Aktie von 4,95 bis 5,35 Euro.

Gute Fortschritte bei Erreichung der Nachhaltigkeitsziele

Bayer hat im vergangenen Jahr weiter an der Umsetzung seiner Nachhaltigkeitsstrategie gearbeitet und wieder gute Fortschritte auf dem Weg zur Erreichung seiner Ziele bis 2030 gemacht. Die gilt sowohl für die Reduzierung des ökologischen Fußabdrucks wie auch für die Zusagen auf den Gebieten der Gesundheitsversorgung, Empfängnisverhütung und der Unterstützung von Kleinbauern in Ländern mit geringem bis mittlerem Einkommensniveau. Auf der UN Water Conference in New York hat Bayer im März eine neue Wasserstrategie vorgestellt und wird damit zur Bewältigung der globalen Wasserkrise beitragen.

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