Schutzmechanismus bei der Bildung von Angsterinnerungen entdeckt

Ansatzpunkte für neue Therapien

20.02.2024
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Symbolbild

Forschende des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit und der Universität Heidelberg identifizieren einen biologischen Mechanismus, der die Stärke der Erinnerung an ein aversives Ereignis reguliert. Ihre Studienergebnisse bieten neue Ansatzpunkte für die Entwicklung von Therapien für psychiatrische Erkrankungen.

Angsterinnerungen sind für das Überleben eines Organismus entscheidend. Sie lösen angemessene Reaktionen aus, die eine Anpassung an die Umwelt ermöglichen. Traumatische Erlebnisse können jedoch starke Angsterinnerungen auslösen, die zu psychischen Erkrankungen wie einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) führen können. Forschende des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit (ZI) und der Universität Heidelberg haben nun einen biologischen Mechanismus entdeckt, der bei der Regulierung der Resilienz gegenüber widrigen Lebensereignissen eine Rolle spielen könnte. Die aktuelle Studie wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert und jetzt in der Zeitschrift Molecular Psychiatry veröffentlicht.

Die PTBS zeichnet sich unter anderem durch unverhältnismäßige Angstreaktionen auf Situationen aus, die nichts mit dem ursprünglichen traumatischen Ereignis zu tun haben. Therapien zur Behandlung dieser Zustände beinhalten Interventionen zur Angstextinktion, sind aber oft nicht erfolgreich. Die Forschungsgruppe von Dr. Ana M. M. Oliveira, Abteilungsleitung Molekulare und Zelluläre Kognitionsforschung am ZI, untersuchte biologische Prozesse, die die Bildung starker Angsterinnerungen verhindern können.

Die WissenschaftlerInnen fanden heraus, dass die Bildung von starken Angsterinnerungen einen einzigartigen molekularen Prozess beinhaltet, der bei der Konsolidierung von schwachen Angsterinnerungen nicht vorhanden ist. In Experimenten mit Mäusen entdeckten sie, dass das Erleben einer aversiven Erfahrung zu zwei Phasen hoher Konzentration des Proteins Npas4 im Mäusegehirn führt. Ein leicht aversives Ereignis löste hingegen nur eine Phase aus. Die AutorInnen stellten interessanterweise auch fest, dass die zweite Phase wie eine Unterbrechung zu funktionieren scheint, die verhindert, dass sehr starke Angsterinnerungen gebildet werden. Diese Ergebnisse legen nahe, dass das Gehirn mit einem Mechanismus ausgestattet ist, der die Stärke der Erinnerung an ein aversives Ereignis fein abstimmt – eine neue Erkenntnis.

Konkret konnten die NeurowissenschaftlerInnen zeigen, dass die Blockierung der zweiten Phase des Npas4-Spiegel zu einem stärkeren Angstgedächtnis führte, das resistent gegen die Löschung der Angsterinnerung war und mit größerer Wahrscheinlichkeit unverhältnismäßige Angstreaktionen auslöste. Umgekehrt verringerte sich die Stärke der Angsterinnerung, wenn die zweite Phase des Npas4-Spiegel künstlich erzeugt wurde. Zudem zeigten die Mäuse geringere Angstreaktionen auf Situationen, die nichts mit der ursprünglichen traumatischen Erfahrung zu tun hatten.

Das Protein Npas4 spielt eine entscheidende Rolle bei der Kommunikation zwischen Neuronen. Die Forschenden legen in ihrer Untersuchung dar, dass der biphasische Anstieg des Npas4-Proteinspiegels im Gehirn nach einem traumatischen Ereignis zu einer höheren Präsenz des Neurotransmitters GABA führt, der für die Dämpfung der neuronalen Aktivität verantwortlich ist. Die WissenschaftlerInnen vermuten, dass diese Regulierung der neuronalen Aktivität der Prozess ist, durch den Npas4 das Angstgedächtnis steuert.

„In künftigen Studien wird es wichtig sein, zu verstehen, warum und wie dieser intrinsische Schutzmechanismus manchmal umgangen wird und dennoch pathologische Erinnerungen entstehen“, so Dr. Ana M. M. Oliveira. „Insgesamt macht unsere Studie ein molekulares Ziel sichtbar, das für die Entwicklung neuartiger Therapien für psychiatrische Erkrankungen nutzbar gemacht werden kann.“

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