Life Sciences - Überlebensstrategie Wandel

Branchenexperten erwarten Exodus der kleinen Anbieter

31.05.2010 - Deutschland

Innovationsfähigkeit ist für die Life-Sciences-Branche nicht nur Schlüssel zum Markterfolg, sondern auch Grundbedingung für Wettbewerbsfähigkeit. Dennoch leiden gerade derzeit die F&E-Budgets unter krisenbedingten Kürzungen. Besonders harten Zeiten sehen die Biotech-Unternehmen entgegen: Knapp 300 Branchenexperten, die für die Deloitte-Studie „The Future of the Life Science Industry“ befragt wurden, schätzen, dass etwa ein Drittel der Unternehmen die nächsten Jahre nicht überstehen wird, insbesondere in Europa. Unabhängig davon ist nach Abebben der Krise mit einer moderaten Fortsetzung der M&A-Dynamik zu rechnen - es geht um strategische, weniger um marktopportunistische Motive. Die Konsolidierungseffekte werden deutlich spürbar sein - im Jahr 2015 wird der Markt nur mehr von einer Handvoll Player dominiert werden.

„Die Zahlen sprechen für sich: 65 Prozent der Befragten gaben an, negativ von der Krise betroffen zu sein, 51 Prozent vermelden einen spürbaren Rückgang bei Umsatz und Gewinn, bei 27 Prozent ist die Produktion geschrumpft und 23 Prozent kämpfen mit dem Preisverfall. Dennoch glaubt die Mehrheit, dass die Krise für die Branche nur vorübergehend und vergleichsweise glimpflich verlaufen ist“, kommentiert Dr. Gregor-Konstantin Elbel, Partner Life Science bei Deloitte.

Biotech unter Druck

Trotz der spürbaren Krisenfolgen beabsichtigen nur 17 Prozent, ihre Strategie signifikant zu ändern bzw. zu modifizieren. Dies gilt allerdings nicht für die Unternehmen des Biotechnologiesegments. Dieser Bereich, der von kleinen, Venture-Capital- oder Private-Equity-abhängigen Unternehmen geprägt ist, leidet unter akutem Kapitalmangel. Nach Schätzungen wird etwa ein Drittel der heute existenten Firmen die nächsten Jahre nicht überstehen. Ganz besonders hart trifft es die europäischen Biotech-Anbieter, da hier der Zugang zu Wagniskapital noch schwerer ist als z.B. in den USA. In Deutschland ist der Druck auf die kleinen, innovativen Unternehmen enorm - und auf eine gezielte Förderung besteht kaum Hoffnung.

Konsolidierung und Personalabbau

Die Perspektiven sind von vielen Faktoren abhängig. Sicher scheint eine Konsolidierung: Die Befragten schätzen, dass die Zahl der maßgeblichen Player im Jahr 2015 auf ein sehr übersichtliches Maß sinken wird. Ein weiteres dominierendes Element ist die kontinuierliche Kostenreduktion, hauptsächlich über Personalabbau - dieser kann bei 15 Prozent bis 2012 liegen. Darüber hinaus wird die Branche verstärkt Kostenmanagementinstrumente einsetzen.

F&E - zu teuer und doch unverzichtbar

Besonders betroffen von Spar- und Kostenreduktionsmaßnahmen sind neben den Bereichen Ausrüstungsproduktion und Vertrieb auch die F&E-Abteilungen der Unternehmen. Geradezu ein Paradox: Obwohl die Studienteilnehmer mehrheitlich der Ansicht sind, Innovationen sei der wichtigste Faktor für Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen, verringern derzeit knapp 40 Prozent hier ihre Investitionen. Die Lösung liegt in möglichst robusten, langfristig und nachhaltig angelegten F&E-Pipelines, die mit weniger Ressourcen mehr erreichen.

Forschung emigriert nach China und Indien

Mit dem Verschwinden der innovativen, aber kapitalschwachen Biotech-Unternehmen werden viele Talente nun für Großunternehmen tätig. Die Innovationsfähigkeit dieser Unternehmen wird, wenn sie es schaffen diese unterschiedlichen Unternehmenskulturen zu integrieren, entsprechend steigen - und die verbleibenden kleineren Anbieter umso mehr unter Druck geraten. Der Forschungsstandort Deutschland wird aber darunter leiden: Die großen Unternehmen werden ihre neuen F&E-Kapazitäten zunehmend in Indien und China aufbauen, wo die Talente und Märkte von morgen sind.

„Ein Kennzeichen der Nach-Krisen-Ära wird die zunehmende Verwischung der Grenzen zwischen den einzelnen Unternehmensarten bzw. Disziplinen in der gesamten Life-Sciences-Branche sein. Das bedeutet: Biotech-Unternehmen, wie wir sie heute kennen, werden sukzessive vom Markt verschwinden, die großen Pharma-Konzerne werden künftig deren Aufgaben mit übernehmen. Größe wird in den nächsten Jahren zum entscheidenden Kriterium für Überlebensfähigkeit - traditionelle Industriestandorte müssen sich mit neue Konzepten ebenfalls auf diesen Paradigmenwechsel einstellen sonst verlieren sie den Anschluss“, resümiert Dr. Gregor-Konstantin Elbel.

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