Spin-off Cellbox Solutions GmbH gewinnt den mit 2,5 Mio. € dotierten EIC Accelerator

Gründerin Prof. Kathrin Adlkofer im Interview

25.01.2024

Das Spin-off Cellbox Solutions GmbH wurde 2016 aus der jetzigen Fraunhofer-Einrichtung für Individualisierte und Zellbasierte Medizintechnik IMTE ausgegründet. Es hat einen transportablen Zellinkubator für die Konservierung ohne Einfrieren entwickelt. Für diese Innovation ist die Fraunhofer-Ausgründung nun mit dem »Accelerator Award« des European Innovation Council ausgezeichnet worden. Im Interview verrät Prof. Kathrin Adlkofer, COO und Gründerin von Cellbox, was der Award für sie bedeutet.

© Cellbox GmbH

Prof. Kathrin Adlkofer, Gründerin der Cellbox GmbH

Frau Prof. Adlkofer, der EIC Accelerator ist eines der spannendsten und anspruchsvollsten KMU-Förderprogramme der europäischen Union. Sie haben ihn mit der Cellbox Solutions GmbH jetzt gewonnen, herzlichen Glückwunsch! Wie groß war der Aufwand seitens Cellbox für diesen begehrten Förderpreis und wie konnten Sie sich letztendlich gegen die europäischen Konkurrenten durchsetzen?

Einen Antrag beim Programm EIC Accelerator durchzubekommen, ist in der Tat nicht einfach. Eine Basisfinanzierung in Höhe von 2,5 Millionen Euro und die Option, zusätzlich 10 Millionen Euro Eigenkapital zu spiegeln, machen dieses Programm außerordentlich attraktiv für KMU. Die Konkurrenz ist somit sehr hoch. Dazu kommen in der Biotechnologie-Branche niedrigere Förderquoten im Vergleich zu anderen Bereichen. Von erfolgreichen 551 Bewerbern erreichten nur 139 die finale Auswertungsrunde. 51 Firmen überzeugten die Jury, darunter vier hochinnovative Technologien aus Deutschland. Eine davon war Cellbox Solutions. Der Aufwand war für uns signifikant, aber auf keinen Fall umsonst. Die Fragen der Juroren zu den Themen »Go to Market«-Strategien, Märkte, Konkurrenz sowie »Market Entry« sind wichtig und jedes Unternehmen muss diese exakt beantworten können.

Der Bewerbungsprozess verläuft in drei Phasen: Nach einer ersten 20-seitigen Bewerbung kommt man bei positiver Beurteilung in die Phase des Vollantrags, der bis zu 190 Seiten lang sein kann. Der Entwicklungsplan bis zur vollen Marktreife muss durchdacht sein. Sämtliche Kollaborationspartner oder Unterauftragnehmer sind vorab zu identifizieren und einzukalkulieren. Ein wichtiger Aspekt ist auch die Belastbarkeit der Patente. Wir hatten im ersten Schritt eine zu schwache IP, weshalb uns das EIC eine Extraschleife drehen ließ. Das Fraunhofer IMTE, ursprünglich im Besitz des geistigen Eigentums unserer Technologie, zeigte sich kooperativ und ermöglichte uns, das entscheidende fehlende Patent kurzfristig zu erwerben. Eine »Freedom to Operate«-Analyse hat dann weitere Überzeugungsarbeit geleistet.

Wenn man die zweite Phase erfolgreich überstanden hat, steht ein virtuelles Interview an, das aus einer Pitch-Präsentation und einer 35-minütigen Befragung besteht. Dafür stellt einem das Bundesministerium für Bildung und Forschung dankenswerterweise Coaches an die Seite, die helfen, sich optimal für diesen ungewöhnlichen Pitch vorzubereiten.

2,5 Millionen Euro Förderung in Kombination mit einer zusätzlichen »Matching-Komponente« des EIC von bis zu 10 Millionen Euro ist eine ordentliche Summe. Wie wollen Sie das Geld investieren und was bedeutet diese Auszeichnung für das Start-up?

Da die Evaluation des Antrages sehr streng ist und die hochkarätige Jury für die Interviews sehr genau und mit der Investorenbrille auf den Antrag schaut, wird der Gewinn eines EIC Grant als eine indirekte und erfolgreiche »Due Diligence« bei vielen Investoren gewertet. So ein Grant hilft uns immens für das weitere Fundraising und dient als Gütesiegel. Nicht umsonst bekommen Anträge, die nicht finanziert werden, aber trotzdem als sehr gut befunden wurden, das sogenannte »Seal of Excellence«.

Wir werden die initiale Förderung in Höhe von 2,5 Millionen Euro für die Entwicklung einer für den therapeutischen Zelltherapie-Markt geeigneten Cellbox – wir nennen sie im Moment Cellbox AT für »Advanced Therapies« – nutzen. In diesem Zusammenhang werden wir neben der Fitness des Geräts für alle regulatorische Anforderungen auch am sogenannten »Secondary Packaging« als Umverpackung für die zu transportierenden zellulären Produkte arbeiten. Den Equity-Teil werden wir für die Expansion unseres »warm chain logistic service«-Geschäftes nutzen sowie für die Skalierung der Produktion.

Vor mehr als fünf Jahren haben Sie Cellbox Solutions aus dem Fraunhofer EMB (jetzt IMTE) gemeinsam mit Fraunhofer Venture und CK Venture gegründet. Seitdem haben Sie über zehn Millionen Euro Risikokapital eingeworben und namhafte Gesellschafter an Bord geholt. Welche Bedeutung hat der Fraunhofer-Kosmos heute noch für Cellbox Solutions?

Wir haben damals schnell und professionell die Cellbox Solutions GmbH mit Fraunhofer gegründet und bisher gemeinsam aufgebaut. Es ist nicht selbstverständlich, dass eine Non-Profit-Organisation wie Fraunhofer als starker Partner so zuverlässig an unserer Seite steht. Das hat uns geholfen, weitere Investoren zu akquirieren. Wir haben von unterschiedlichen Fraunhofer-Instituten profitiert: Sei es die Technologieentwicklung gemeinsam mit dem EMB, die Validierung des Transportes mit dem Fraunhofer-Institut aus Hamburg oder die Verifizierung der Vorteile von »warm chain transport« im Vergleich zur Cryopreservierung mit dem Fraunhofer IZI. Auch mit dem ITEM stehen wir in Kontakt. Die weitere Technologieentwicklung sieht Forschungsaufträge für das Fraunhofer IZI und das Fraunhofer IMTE vor, von dessen Know-how wir profitieren können.

Cellbox Solution positioniert sich als Anbieter von Warmketten-Logistiklösungen für die globale Gesundheitsbranche. Verraten Sie uns, warum sie überzeugt sind, zum richtigen Zeitpunkt mit dem passenden Produkt auf den Markt zu kommen?

Ich glaube, dass in Zukunft jedes Zelllabor einen kleinen portablen Inkubator wie unsere Cellbox haben sollte, um Zellen schnell und ohne Einschränkung transportieren zu können, auch wenn es nur über den Campus geht. Im Moment entwickelt sich der Zell- und Gentherapie-Markt rasant und es herrscht ein enormer Druck, diese bisher sehr teuren Therapien kostengünstiger herzustellen sowie neue therapeutische Ansätze mit nicht einfrierbaren Zellen in klinische Studien zu bringen.

Dabei stoßen die Therapieentwickler an ihre Grenzen. Wie transportieren sie zum Beispiel die bereits wenigen und qualitativ eher schlechten autologen Zellen von schwer kranken Patienten zu dem CMO, der die Zelle unter GMP-Bedingungen (Good Manufacturing Practice) weiter manipulieren muss? Und wie kommen diese Zellen dann wieder in einem guten Zustand zurück zur Klinik, um den Patienten zu heilen? Gerade neue sogenannte »Advanced Cell Models«, wie Organoide, Gewebepatches oder 3D Strukturen, die zum Teil mit hochinnovativen Druckern hergestellt werden, sind nur in einem optimalen Environment transportfähig, da sie nicht einfrierbar sind.

Und jetzt kommt auch noch die lang ersehnte Initiative der FDA, Tierversuche für die Medikamentenforschung einzuschränken. Insbesondere toxikologische Tests an Tieren in der späten präklinischen Phase sollen hier durch zelluläre Modelle wie humane Organoide ersetzt werden. All diese sensiblen Systeme sind schwer einzufrieren und benötigen einen optimalen physiologischen Transport. Hier kommt die Cellbox als Enabler gerade rechtzeitig.

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