Alzheimer: Studie deckt bisher unbekannte Abläufe im Fettstoffwechsel auf

Ernährung und Faktoren wie das Rauchen spielen eine Rolle

05.12.2023
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Symbolbild

Neue Erkenntnisse zur Entstehung von Alzheimer könnten zu neuartigen Therapieansätzen beitragen und helfen, der Krankheit vorzubeugen: Eine Studie der Alzheimerforscher Marcus Grimm und Tobias Hartmann am Campus Rheinland der SRH Hochschule für Gesundheit in Leverkusen und der Universität des Saarlandes hat eine Wechselwirkung im Fettstoffwechsel des Körpers aufgezeigt, die eine wichtige Rolle bei der Erkrankung spielen könnte. Ernährung und Faktoren wie das Rauchen spielen hierbei eine Rolle. Die Forscher veröffentlichen ihre Erkenntnisse zur Beziehung zwischen dem Amyloid-Vorläuferprotein und dem Fettstoffwechsel im Journal "Cell Chemical Biology".

Die Alzheimer-Krankheit, eine der häufigsten Formen von Demenz, betrifft weltweit Millionen von Menschen. Alzheimer-Patienten verlieren ihr Gedächtnis, ihre Orientierung, sie haben Sprachstörungen und sind zunehmend verwirrt. Bislang ist die Erkrankung, bei der Nervenzellen im Gehirn absterben, nicht heilbar. Bei der Entstehung von Alzheimer laufen im Körper millionenfach winzige Prozesse in den Körperzellen ab. Bestimmte Ketten von Befehlen und Signalen werden abgegeben – ein in höchstem Maße kompliziertes Zusammenspiel, an dem viele Protagonisten beteiligt sind. An diesem Zusammenspiel forschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler weltweit: Wer weiß, was genau bei der Entstehung von Alzheimer im Körper abläuft, kann versuchen, in diese Prozesse einzugreifen, sie zu verlangsamen oder bestenfalls sie zu stoppen.

Eine Schlüsselrolle bei Alzheimer spielt ein bestimmtes Eiweiß: das sogenannte Beta-Amyloid. Während bei Gesunden der Körper dieses Eiweiß einfach abbauen kann, kommt es bei an Alzheimer erkrankten Menschen zu Verklumpungen, die sich im Gehirn zwischen den Nervenzellen ablagern. „Dieses kleine Eiweiß Beta-Amyloid sammelt sich in Plaques im Gehirn von Patienten an. Es ist ein Schlüsselelement in der Entwicklung von Alzheimer und führt zu Neurodegeneration“, erklärt der Ernährungsexperte Professor Marcus Grimm. Er lehrt und forscht am Campus Rheinland der SRH Hochschule für Gesundheit in Leverkusen und an der Universität des Saarlandes, wo er eng mit Professor Tobias Hartmann zusammenarbeitet, der auf dem Medizin-Campus im saarländischen Homburg das Deutsche Institut für Demenzprävention leitet. Marcus Grimm leitet an diesem Institut ein molekular- und zellbiologisches Forschungslabor.

Einem Zusammenhang mit der Ernährung sind die Alzheimerforscher Hartmann und Grimm schon seit langem auf der Spur, jetzt hat ihr Forschungsteam hierfür neue Anhaltspunkte gefunden. Den Forscherinnen und Forschern ist es gelungen, einen bislang unbekannten Ablauf im Körper nachzuweisen, der zu Alzheimer führen kann: ein Mechanismus, der mit den Prozessen im Fettstoffwechsel zusammenhängt. Sie fanden heraus, dass die Produktion des Eiweißes Beta-Amyloid die Menge von bestimmten Fetten, vor allem der sogenannten Sulfatide, beeinflusst und auch umgekehrt: dass die Menge an Sulfatiden wiederum die Menge dieses Eiweißes beeinflusst – eine folgenreiche Wechselwirkung: Der Sulfatid-Spiegel ist im Gehirn von Alzheimer-Patientinnen und -Patienten verringert und das Beta-Amyloid erhöht.

„Unsere Studie zeigt eine bisher unbekannte physiologische Funktion der Verarbeitung des Amyloid-Vorläuferproteins, des sogenannten APP, die eine wesentliche Rolle bei der Regulation des Fettstoffwechsels, insbesondere der Sulfatide im Gehirn, spielt. Sulfatide sind spezielle Fette, welche sowohl über die Nahrung aufgenommen als auch vom Körper selbst hergestellt werden können“, erläutert Marcus Grimm, der an der SRH Hochschule für Gesundheit den Bachelor Ernährungstherapie und -beratung sowie den Master Medizinische Ernährungswissenschaft und Ernährungstherapie leitet. „Wir konnten in Experimenten nachweisen, dass die Beta-Amyloid-Produktion die Menge an Sulfatiden beeinflusst und umgekehrt. Unseren Ergebnissen zufolge kommt es bei der Spaltung des Vorläuferproteins zu Beta-Amyloid zur Freisetzung eines weiteren Proteinfragments: des sogenannten AICD. Dieses AICD wiederum hemmt die Produktion des zentralen Enzyms Gal3st1/CST der körpereigenen Sulfatid-Synthese“, erklärt der Alzheimerforscher die komplexen Prozesse, die in den Körperzellen von Patienten ablaufen.

Besonders interessant ist der Einfluss, den vor diesem Hintergrund die Ernährung und auch der Lebensstil bei der Erkrankung hat. „Faktoren wie Rauchen können die Sulfatidspiegel negativ beeinflussen, während eine ausreichende Versorgung mit Vitamin K oder der Verzehr mancher Meeresfrüchte sich positiv auswirken können. Diese Erkenntnisse eröffnen potenzielle Ansatzpunkte für präventive und therapeutische Strategien im Kampf gegen die Alzheimer-Krankheit“, sagt der Professor für Demenzprävention Tobias Hartmann. „Die Studie unterstreicht die Bedeutung eines funktionierenden Regelkreises zwischen Sulfatidhomöostase und Beta-Amyloid. Bei Alzheimer-Patienten ist dieser Regelkreis den neuen Erkenntnissen nach gestört“, sagt er. Die neuen Einblicke in die Abläufe im Körper bei der Entstehung von Alzheimer eröffnen neue Perspektiven für die Behandlung der Erkrankung.

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