22 Maßnahmen, um Deutschland als Pharma-Innovationsstandort wieder fit zu machen
Deutschland fällt als Innovationsstandort für Pharmaunternehmen zurück
Pharmazeutische Unternehmen befinden sich international in einem immer intensiveren „Wettrennen“ um die Marktzulassung ihrer innovativen Therapien. Sie nehmen standortpolitische Rahmenbedingungen deshalb kritischer als je zuvor unter die Lupe, um ihre Investitionsmittel bestmöglich einzusetzen. Deutschland ist für diesen Wettbewerb eigentlich gut aufgestellt, verliert jedoch seit einigen Jahren dramatisch an Boden – sowohl im weltweiten, als auch im europäischen Vergleich. Das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz (GKV-FinStG) von Anfang 2023 und das geplante EU Pharma-Paket belasten die Attraktivität des Standorts Deutschland für Investitionen von forschenden Pharmaunternehmen zusätzlich.
In ihrer gemeinsamen Studie zeigen der vfa und Kearney, unter anderem, wie sich Deutschland von Ländern wie Spanien oder Dänemark den Rang als Studienstandort in Europa abjagen lässt, weil die Studiendurchführung hierzulande so heruntergebremst wird, dass sich Unternehmen wie auch Forschungseinrichtungen für die Medikamentenerprobung andernorts umsehen. Dies kann bedeuten, dass im Jahr 2030 bis zu 40 Prozent weniger Patient:innen als heute an Studien teilnehmen und so noch vor Zulassung einen frühen Zugang zu innovativen Therapieoptionen haben können. Doch noch lässt sich das abwenden, wofür vfa und Kearney entlang von sieben Handlungsempfehlungen 22 Einzelmaßnahmen vorschlagen. Für die Umsetzung empfehlen die Studienautor:innen u. a. einen Roundtable „Pharma-Innovationsstandort Deutschland“ unter Koordination des Bundeskanzleramtes oder des Bundesgesundheitsministeriums.
„Es liegt im Interesse aller, den Pharma-Innovationsstandort Deutschland wieder stark zu machen: Fachkräfte in Kliniken und Arztpraxen machen sich durch klinische Forschung schon heute mit der Medizin von morgen vertraut. Patient:innen erhalten durch sie zusätzliche Chancen auf wirksame Behandlung und beste Betreuung. Und Unternehmen können neue Medikamente schneller zur Zulassung bringen. Denn etwaige Verzögerungen in der Entwicklung neuartiger Therapien können die Pharmaunternehmen teuer zu stehen kommen. Deutschland riskiert somit als Land für Studienmitwirkung an Bedeutung für global agierende Pharmaunternehmen zu verlieren. Es ist sogar zu befürchten, dass Deutschland bei der Studienvergabe künftig gar nicht mehr berücksichtigt wird, da internationale Firmen vor allem dort Studien platzieren, wo Produkte auch eingeführt werden − eine fatale Abwärtsspirale,“ warnt Marc P. Philipp, Partner und Geschäftsführer bei Kearney.
„Die Stärkung des Innovationsstandorts kann gelingen, wenn Forschung wieder in konkurrenzfähigem Tempo ablaufen kann, Unternehmen und Universitäten besseren Zugang zu pseudonymisierten medizinischen Versorgungsdaten erhalten und das Ökosystem für Translation von Grundlagenforschung in Behandlungsmöglichkeiten für Patienten gestärkt wird“, so Dr. Matthias Meergans, Geschäftsführer Forschung & Entwicklung des vfa. Ein Blick auf andere Länder kann Deutschland helfen, als Pharma-Innovationsstandort wieder attraktiver zu werden: So haben Frankreich und Spanien durch gezielte Maßnahmen bezüglich Vertragsverhandlungen oder Vor-Ort-Ressourcen erfolgreich die Bedingungen für klinische Forschung verbessert. Andere Länder wie Dänemark ermöglichen innovative Studienmodelle und motivieren Patient:innen zur Teilnahme an Studien. „Schon die verbindliche Einführung von Musterverträgen als Ausgangspunkt für Vertragsverhandlungen zwischen Pharmaunternehmen und Kliniken nach französischem Vorbild könnte in Deutschland viel bewirken“, so Meergans.
Die Studie mit ihren klaren Empfehlungen für Politik, Gesundheitswesen und Industrie zeigt, wie Deutschland durch gemeinschaftliche Anstrengung die Trendumkehr schaffen kann. Diese käme nicht nur den Unternehmen, sondern auch unmittelbar den Patient:innen in Deutschland zugute.