Im Reservemodus? Wie Fruchtfliegen in Hungerzeiten ihr Gehirn schützen
Fruchtfliegen bleiben durch einen Stoffwechselschalter im Gehirn funktionsfähig
Das Gehirn, eines der energieintensivsten Organe des Körpers, ist normalerweise auf Zucker als primäre Energiequelle angewiesen. Bei Unterernährung kann sich das Gehirn jedoch anpassen und alternative Brennstoffe wie Ketonkörper aus gespeichertem Fett nutzen. Die Frage, ob Gehirnzellen ausschließlich auf extern gewonnenen Brennstoff angewiesen sind oder ob sie Fett direkt nutzen können, hat die Wissenschaftler:innen lange Zeit vor ein Rätsel gestellt.
Metabolischer Schalter
Unter der Leitung von Prof. Stefanie Schirmeier von der Fakultät Biologie und Dr. Marko Brankatschk vom Biotechnologischen Zentrum (BIOTEC) der TU Dresden hat das Forschungsteam mit einem breiten Spektrum von Methoden – darunter genetische Manipulation, Molekularbiologie, Lipidanalyse und Verhaltensstudien – gezeigt, wie Gehirnzellen der Fruchtfliege auf Fett umschalten können, um alternativen neuronalen Brennstoff zu produzieren und sich vor Neurodegeneration zu schützen.
„Wenn wir an das Gehirn denken, denken wir oft an Neurone, aber es gibt noch andere Zelltypen im Gehirn, die Gliazellen genannt werden. Sie spielen eine wichtige Rolle bei der Unterstützung und Erhaltung der Neurone. Unsere Studie zeigt, dass diese Gliazellen auf Zuckermangel reagieren, indem sie die Fettverwertung aktivieren. In der Fruchtfliege nutzen diese Zellen Fette, die in Lipidtröpfchen gespeichert sind, oder nehmen Lipide aus dem Blutkreislauf auf, um Ketone zu produzieren, die von den Neuronen verbraucht werden können. Dieses Umschalten ist entscheidend für das Überleben der Fliege", erklärt Dr. Marko Brankatschk, Forschungsgruppenleiter am BIOTEC.
Metabolischer Sensor
Die Studie zeigte auch, dass die Gliazellen als Botenstoffe fungieren, die dem Körper die Energieknappheit des Gehirns mitteilen. „Unsere Ergebnisse legen nahe, dass der Stoffwechselschalter in den Gliazellen als Auslöser fungiert und eine Kommunikationskaskade in Gang setzt, die den Rest des Körpers auf die schwierige Stoffwechselsituation im Gehirn aufmerksam macht. Daraufhin mobilisieren die fettspeichernden Organe des Körpers Reserven, um die Energieversorgung des Gehirns aufrechtzuerhalten. Es bleibt abzuwarten, ob es einen ähnlichen Mechanismus auch im menschlichen Gehirn gibt", erklärt Prof. Schirmeier und betont: „Unsere Arbeit basiert auf Drosophila melanogaster, der Fruchtfliege, die seit langem als wertvoller Modellorganismus für Entwicklungs- und Krankheitsstudien dient. Unsere Studie zeigt, dass sie das Potenzial hat, Einblicke in komplexe Stoffwechselveränderungen und deren biologische Konsequenzen zu geben".
Die Untersuchungen der TU Dresden haben das Potenzial, unser bisheriges Verständnis des Gehirnstoffwechsels zu erweitern und unterstreichen die Bedeutung des Studiums einfacher Modellorganismen, um die genauen Mechanismen komplexer biologischer Prozesse aufzudecken.
Originalveröffentlichung
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