Schuppentier die Inspiration für Medizinroboter
Er könnte eines Tages minimalinvasiv und schonend selbst die engsten und sensibelsten Regionen im Körper erreichen
MPI-IS
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Schuppentiere sind faszinierende Kreaturen. Auch als Tannenzapfentier bekannt, sind sie die einzigen Säugetiere, die vollständig mit harten Schuppen bedeckt sind. Die Schuppen bestehen aus Keratin, so wie unsere Haare und Nägel. Sie überlappen sich und sind direkt mit der darunter liegenden weichen Hautschicht verbunden. Durch diese besondere Anordnung können sich die Tiere bei Gefahr zu einer Kugel zusammenrollen.
Während Schuppentiere noch viele andere einzigartige Merkmale aufweisen, waren Forscher*innen der Abteilung für Physische Intelligenz des Max-Planck-Instituts für Intelligente Systeme in Stuttgart, die von Prof. Dr. Metin Sitti geleitet wird, insbesondere davon fasziniert, wie Schuppentiere blitzschnell ihren Körper zusammenrollen können. Sie nahmen sich das Tier als Vorbild und entwickelten einen flexiblen Roboter, der wie das Tier weiche als auch harte Komponenten aufweist, und trotzdem im Handumdrehen zur Kugel wird – mit der zusätzlichen Eigenschaft, dass der Roboter bei Bedarf Wärme absondern kann.
In einer Forschungsarbeit, die am 20. Juni 2023 im Fachjournal Nature Communications veröffentlicht wurde, präsentieren der Erstautor Ren Hao Soon und seine Kolleg*innen ein rechteckiges Plättchen, das nicht mehr als zwei Zentimeter lang ist und aus zwei Schichten besteht: einer weichen Schicht aus einem Polymer, das mit kleinen Magnetpartikeln gespickt ist, sowie aus einer harten Komponente aus Metallelementen, die in Schichten überlappend angeordnet sind. Obwohl also der Roboter aus Metallelementen besteht, ist er trotzdem weich und flexibel.
Ist der Roboter einem Magnetfeld mit niedriger Frequenz ausgesetzt, können die Forscher den Roboter zusammenrollen und beliebig hin und her bewegen. Die Metallelemente stehen dabei wie die Schuppen des Tieres ab, ohne dabei umliegendes Gewebe zu verletzen. Ist er zusammengerollt, kann der Roboter Partikel wie z.B. Medikamente aufnehmen und transportieren. Die Vision ist, dass solch eine kleine Maschine eines Tages zum Beispiel durch unser Verdauungssystem wandert.
Doppelt nützlich: frei beweglich und heiß
Wird der Roboter einem Magnetfeld mit hoher Frequenz ausgesetzt, wird er dank des eingebauten Metalls über 70 oC warm. Wärmeenergie wird bei einigen medizinischen Verfahren eingesetzt, z. B. bei der Behandlung von Thrombosen, um Blutungen zu stillen und Tumorgewebe zu entfernen. Roboter, die frei beweglich sind, obwohl sie aus harten Elementen wie Metall bestehen und zusätzlich Hitze abgeben können, gibt es selten. Der Schuppentier-Roboter gilt daher als vielversprechend für die moderne Medizin. Er könnte eines Tages minimalinvasiv und schonend selbst die engsten und sensibelsten Regionen im Körper erreichen und dort je nach Bedarf Wärme absondern. Das ist eine Zukunftsvision. Heute schon zeigen die Forscher*innen in einem Video, wie sie den Roboter durch Tiergewebe und künstliche Organe flexibel steuern können.