Was bestimmt darüber, ob Brustkrebszellen zur Entstehung von Metastasen führen?
Umprogrammierte Klone metastasieren weniger
Bei den meisten Krebserkrankungen bestimmt nicht das Wachstum des Primärtumors die Prognose für den Patienten, sondern ob es zu einer Streuung und Ausbildung von Tochtergeschwüren, den Metastasen, kommt. Dieser Prozess ist sehr komplex. Zwischen der Krebsentstehung und dem aggressiven Wachstum der Metastasen liegen oft Jahre. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ), vom Stammzell-Institut HI-STEM, von der Ruhr-Universität Bochum, vom Helmholtz-Zentrum München und von der ETH Zürich haben das Metastasen-Wachstum bei Brustkrebs untersucht und erkannt: Nicht alle Brustkrebszellen können zur Entstehung von Metastasen führen.
Die Wissenschaftler betrachteten einen speziellen zellulären Mechanismus, die sogenannte epithelial-mesenchymale Transition (EMT). Dadurch gewinnen die an sich sesshaften Krebszellen Mobilität, können zunächst in das umgebende Gewebe eindringen und schließlich über Blut- und Lymphbahnen in entfernte Organe transportiert werden. Dabei wechseln die Krebszellen, wie der Begriff EMT beschreibt, ihre zelluläre Identität von „epithelial" nach „mesenchymal" und zurück, was anhand verschiedener Marker nachgewiesen werden kann.
Umprogrammierte Klone metastasieren weniger
In den Metastasen-Biopsien waren beide Arten von Krebszellen vorhanden. Anschließende Experimente zeigten überraschenderweise, dass ausschließlich diejenigen Krebszellen, die ihre ursprüngliche epitheliale Identität bewahrt hatten, neue Metastasen bilden konnten, also die Krebserkrankung vorantrieben. Ein Verlust an epithelialen Merkmalen dagegen kennzeichnete Krebszell-Klone, deren Metastasierungspotenzial unterdrückt war. Die Forscher wiesen nach, dass ein komplexes zelluläres Programm die zelluläre Identität der Krebszellen schützt und verhindert, dass sie ihre Fähigkeit verlieren, sich zu vermehren.
„Es gibt unterschiedliche und manchmal widersprüchliche Daten über die Bedeutung des EMT-Mechanismus für die Metastasenbildung in Patienten, die sich möglicherweise auch je nach Krebsart unterscheiden könnten", betont Martin Sprick von HI-STEM.
„Insgesamt deuten unsere Ergebnisse darauf hin, dass eine vollständige und irreversible EMT die klonale Ausbreitung der Krebszellen überraschenderweise einschränkt, während die epitheliale Identität der Krebszellen für die Ausbreitung der Krankheit absolut notwendig ist. Unsere Daten in Patientenzellen sowie in verschiedenen metastasierenden Brustkrebs-Modellen stimmen mit einem Modell überein, in dem Krebszellen mit Hybridstatus, also mit epithelialen und mesenchymalen Merkmalen die Metastasierung treiben", sagt Andreas Trumpp, Abteilungsleiter am DKFZ sowie Direktor des Stammzellinstituts HI-STEM.
„Der Prozess des Metastasen-Wachstums ist besonders wichtig, da Krebserkrankungen grundsätzlich in diesem Stadium am schwierigsten zu behandeln sind", ergänzt Christina Scheel von der Dermatologischen Universitätsklinik Bochum. Es wird nun Aufgabe künftiger Forschung sein herauszufinden, wie diese experimentellen Ergebnisse für eine Therapie der aggressivsten metastasenbildenenden Krebszellen genutzt werden können.
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