Cholera-Erreger töten Immunzellen mit aggressivem Biofilm

Studie liefert neue Erkenntnisse über Angriffsstrategien von Krankheitserregern

13.06.2023 - Schweiz

Auch Bakterien nutzen die Macht der Gemeinschaft. Wie eine Forschungsgruppe der Universität Basel nun herausgefunden hat, bilden Cholera-Erreger auf Immunzellen einen bisher unbekannten Typ von Bakteriengemeinschaft: einen aggressiven, tödlichen Biofilm. Die in «Cell» veröffentliche Studie liefert neue Erkenntnisse über Angriffsstrategien von Krankheitserregern.

University of Basel, Biozentrum

Der Cholera-Erreger Vibrio cholerae (blau) bildet auf der Oberfläche von Immunzellen (rot) einen aggressiven Biofilm.

Viele Bakterien rotten sich auf Oberflächen zu Gemeinschaften zusammen, um sich zu schützen. Uns begegnen solche Biofilme tagtäglich, zum Bespiel als Zahnbelag im Mund, als schleimiger Oberflächenfilm auf Steinen im Wasser oder in unserer Darmflora. Gefährlich sind bakterielle Biofilme im klinischen Kontext, wenn sie etwa Implantate, Katheter oder Operationsbesteck besiedeln. Auf diesem Wege können Krankheitserreger in unseren Körper gelangen und Infektionen auslösen, die vom Immunsystem oder auch mit Antibiotika nur schwer bekämpft werden können.

Bisher ging man davon aus, dass Bakterien Biofilme zur Verteidigung und zum Schutz bilden. Die Forschungsgruppe von Prof. Dr. Knut Drescher vom Biozentrum der Universität Basel hat nun erstmals in ihrer in «Cell» publizierten Studie gezeigt, dass Biofilme auch auf Immunzellen wachsen. Dabei handelt es sich um eine bislang unbekannte Art von Bakteriengemeinschaft. Sie unterscheidet sich nicht nur im Aufbau von bereits bekannten Biofilmen, sondern auch in ihrer Funktion: statt zur Verteidigung dient dieser Biofilm zum Angriff.

Flechtwerk statt Schleimmatrix: Biofilm auf Immunzellen

Diesen Biofilm hat Dreschers Team beim Cholera-Erreger Vibrio cholerae entdeckt. Der Erreger besiedelt verschiedene Immunzellen im menschlichen Blut.

Wie der Biofilm entsteht, haben sich die Forschenden bei Fresszellen, den sogenannten Makrophagen, genauer angeschaut. «Wenn einzelne Bakterien zufällig auf eine Immunzelle treffen, heften sie sich mit ihren «Fühlern» an der Oberfläche an. Dort beginnen sie sich zu teilen und verflechten ihre Fühler ineinander», erklärt Erstautorin Dr. Lucia Vidakovic. Damit unterscheidet sich dieser Biofilm grundlegend von den bisher bekannten, bei denen sich die Bakterien mit einer schleimigen Matrix aus Zucker und Proteinen zusammenhalten und schützen.

Angriff statt Verteidigung

Der Biofilm des Cholera-Erregers umschliesst mit der Zeit die gesamte Immunzelle. Schliesslich stirbt diese ab. «Offensichtlich greift die Bakteriengemeinschaft die Immunzelle aktiv an und tötet diese. Doch uns war lange nicht klar, wie sie das tut», berichtet Vidakovic weiter. «Wir haben deshalb alle 14 bekannten Giftstoffe des Cholera-Erregers unter die Lupe genommen und konnten schliesslich einen davon als Übeltäter identifizieren.» Das Gift Hämolysin erzeugt Löcher in der Hülle der Immunzelle und zerstört diese.

Cholera ist eine lebensbedrohliche Durchfallerkrankung. Die Erreger befallen ausschliesslich den Darm des Menschen. Aus diesem Grund hat das Team seine Untersuchungen auch in einem künstlich gezüchteten Darmmodell durchgeführt. In dem Organoidmodell zeigte sich, dass der Cholera-Erreger die Darmwand durchbricht, darunterliegende Immunzellen als Biofilm besiedelt und diese zerstört.

«Diese Angriffsstrategie der Bakterien beeinflusst den Verlauf einer Cholera-Infektion», so Knut Drescher. «In einem weiteren Schritt möchten wir nun herausfinden, ob auch andere Erreger solch aggressive Biofilme bilden. Die genaue Strategie von bakteriellen Krankheitserregern zu entschlüsseln, ist wichtig, um im Gegenzug neue Strategien für ihre Bekämpfung aufzuzeigen.»

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