Neues Start-up entwickelt Algenfarmen zur Züchtung von Makroalgen

Ausgründung von AWI und Carbonwave: Großalgen binden CO₂ und schaffen zugleich Grundstoffe für die Chemische Industrie

02.05.2023 - Spanien

In Las Palmas auf den Kanarischen Inseln wurde die Firma MACROCARBON SL ins Leben gerufen. Sie ist eine Ausgründung aus dem Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) und Carbonwave. Das Start-up entwickelt Algenfarmen, in denen die Makroalge Sargassum gezüchtet werden soll. Diese Algen binden große Mengen an CO2 und dienen gleichzeitig der Herstellung neuer Grundstoffe für die Chemische Industrie.

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Franziska Elmer

Makroalge Sargassum natans

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Franziska Elmer

Am Beginn stand die Idee, natürliche Ressourcen der Ozeane zu nutzen, um neue klimaschonende Grundstoffe für die Industrie zu entwickeln. Dazu taten sich engagierte Forschende des AWI, des GEOMAR, Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, sowie der jungen Unternehmen Seafields und Carbonwave mit Unterstützung der BASF zusammen. Im Januar 2022 gründeten Sie das Projekt "C-CAUSE" (Chemical CArbon Utilization through Sargassum Economy). Schon kurze Zeit später, im Mai 2022, gewannen sie damit eine Förderung in Höhe von 700.000 Euro im Rahmen der „Carbon to Value Challenge“ der Bundesagentur für Disruptive Innovation (SPRIND).

Bereits in der ersten Förderphase wurde hieraus eine neuartige Wertschöpfungskette entwickelt: Beginnend mit der Produktion von freischwimmenden Makroalgen (Sargassum fluitans und natans) in Aquafarmen im offenen Meer werden biologische, erneuerbare Kohlenstoff-Rohstoffe für die chemische Industrie produziert. Ziel ist es, zur Dekarbonisierung der chemischen Industrie beizutragen und gleichzeitig Produkte zu schaffen, die Kohlenstoff längerfristig speichern.

Um weitere Entwicklungsaktivitäten im Rahmen einer zweiten SPRIND-Förderphase und das technische Upscaling noch agiler vorantreiben zu können, wurde aus dem AWI und Carbonwave am 23. März 2023 das Unternehmen MACROCARBON SL ausgegründet. Dieses erhielt jetzt eine weitere Förderung in Höhe von 2,3 Millionen Euro durch SPRIND, um seine Innovation weiterzuentwickeln. Zu den Zielen des AWI- und Carbonwave-Spin-offs erklärt Gründerin und MACROCARBON-Geschäftsführerin Dr. Mar Fernández Méndez: „MACROCARBON wird integrierte Lieferketten für den Anbau und die Verarbeitung von Sargassum-Algen entwickeln. Weil Sargassum selbst schwimmt, brauchen wir hierfür keine teuren, im Wasser aufzuspannende Langleinen. Zudem wächst die Alge schnell und gedeiht in vielen Regionen. Sie bindet sehr effizient CO2 durch natürliche Photosynthese.“

Nach der Ernte der Alge wird die kohlenstoffreiche Biomasse zu Rohstoffen für die chemische Industrie (etwa Bio-Naphtha) verarbeitet, welche die bislang aus fossilen Brennstoffen gewonnenen Produkte ersetzen sollen. Auf diese Weise will MACROCARBON einen Beitrag zur Dekarbonisierung leisten: Bis 2040 sollen 100 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr und bis 2050 eine Gigatonne CO2 pro Jahr gebunden werden.

Das AWI, Carbonwave und die Ausgründung MACROCARBON planen weiterhin miteinander zu kooperieren. Das AWI wird dazu sein biologisches Prozessverständnis zur Überwachung von Kohlenstoffflüssen und der Umweltverträglichkeit einbringen, um so MACROCARBON im Aufbau einer innovativen Wertschöpfungskette zu unterstützen. Carbonwave wird Verarbeitungsmethoden entwickeln, die auf den bestehenden Tätigkeiten und der Produktion von wertvollen Produkten aus Sargassum in der Karibik basieren.

Als Firmensitz wurde Las Palmas auf Gran Canaria gewählt, vor allem, weil Sargassum hier im subtropischen Atlantik gut gedeiht und weil die junge Firma MACROCARBON hier Zugang zu einer Ozeanplattform mit Testumgebung (Oceanic Platform of the Canary Islands, PLOCAN) erhält. Diese Plattform eignet sich für Großversuche und Tests von Verarbeitungspilotanlagen. Der Standort im Atlantik ist gut zu erreichen und bietet gleichzeitig die notwendigen marinen Hochseebedingungen. Die Kanarischen Inseln gehören zur EU, was für die Förderung durch SPRIN-D und mögliche weitere EU-Fördermittel relevant ist. Zudem bieten sie – insbesondere im Rahmen der so genannten Blauen Bioökonomie – ein attraktives Gründer-„Ökosystem“ an.

Neben der Förderung durch SPRIND planen die beiden jungen Unternehmen Seafields und Carbonwave, sich an MACROCARBON zu beteiligen. Voraussichtlich wird auch Jason Cole, derzeit Head of Innovation bei Carbonwave, das Gründerteam von MACROCARBON verstärken. Seafields und Carbonwave beschäftigen sich bereits mit der Aquakultur und der Verwertung von Seegras und können hieraus wertvolle Erfahrungen in das Unternehmen einbringen.

Die AWI-Ausgründung MACROCARBON wurde eingeladen, sich auf dem Investor Day der vier außeruniversitären Forschungsorganisationen Helmholtz, Max-Planck, Fraunhofer und Leibniz Ende März in München vorzustellen. Bei dem Event stellten sich 39 ausgewählte Startups ca. 100 Investoren vor. Für MACROCARBON stellte das eine sehr gute Gelegenheit dar, weitere Investoren zu interessieren und sich mit anderen Ausgründungen aus außeruniversitären Forschungsorganisationen auszutauschen. Wie die lebhafte Diskussion im Anschluss an den MACROCARBON-Pitch und zahlreiche Investorenanfragen am Posterstand zeigten, ist das Konzept nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch äußerst interessant.

„Für mich als Meeresbiologin ist diese Firmengründung ein sehr spannender aber auch herausfordernder Prozess. Auch bei diesem Investoren-Event habe ich viel gelernt“, sagt Mar Fernández Méndez. „Gut, dass wir hierbei von einem von SPRIND engagierten Coach und der AWI-Technologietransferstelle begleitet werden.“ Und sie fügt hinzu: „Der Weltklimarat hat in seinem letzten Synthesebericht wieder auf die große Dringlichkeit hingewiesen, endlich ins Handeln zu kommen. Das motiviert mich, durch ein Upscaling unserer Forschungsergebnisse in die breite wirtschaftliche Anwendung zu kommen.“

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