Pseudomonas aeruginosa Bakterien stellen ein Molekül her, das Zellen des Immunsystems lähmt

Forschende aus Freiburg und Straßburg finden starke Effekte des Moleküls LecB auf das Immunsystem – und eine Möglichkeit, sie zu verhindern

03.03.2023 - Deutschland

Bakterien der Art Pseudomonas aeruginosa sind antibiotikaresistente Krankenhauskeime, die durch Wunden in Blut, Lunge und andere Gewebe gelangen können und dort lebensbedrohliche Infektionen verursachen. In einem gemeinsamen Projekt haben Forschende der Universitäten Freiburg und Straßburg/Frankreich einen Mechanismus entdeckt, der wahrscheinlich zur Schwere der Infektionen mit P. aeruginosa beiträgt. Gleichzeitig könnte er ein Angriffspunkt für zukünftige Behandlungen sein. Die Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift EMBO Reports erschienen.

Yubing Guo / Universities of Freiburg and Strasbourg

Menschliche Endothelzellen nutzen die Stukturmoleküle Cadherin (grün) und Aktin (lila), um eine flexible Barriere um Blutgefäße zu bilden. Nach Zugabe von isoliertem LecB verändert sich die Lokalisation dieser Moleküle in der Zelle deutlich: In der rechten Bildhälfte ist das Cadherin nicht mehr außen an der Zelle, sondern in der Nähe des Zellkerns (blau).

Viele Bakterienarten nutzen Zucker-bindende Moleküle, sogenannte Lektine, um an Wirtszellen anzuheften und in diese eindringen. Außerdem können Lektine die Immunantwort auf bakterielle Infektionen beeinflussen. Diese Funktionen sind bisher aber kaum erforscht. Ein Team um Prof. Dr. Winfried Römer vom Exzellenzcluster CIBSS – Centre for Integrative Biological Signalling Studies der Universität Freiburg und Prof. Dr. Christopher G. Mueller vom IMBC – Institute of Molecular and Cellular Biology der Universität Straßburg hat in einem Kooperationsprojekt untersucht, welchen Effekt das Lektin LecB von P. aeruginosa auf das Immunsystem hat. Dabei fanden sie heraus, dass isoliertes LecB Immunzellen handlungsunfähig machen kann: Die Zellen sind dann nicht mehr in der Lage, durch den Körper zu wandern und eine Immunantwort auszulösen. Die Gabe eines gegen LecB gerichteten Wirkstoffs verhinderte diesen Effekt und führte dazu, dass sich die Immunzellen wieder ungehindert bewegen konnten.

LecB verbarrikadiert Immunzellen den Weg

Sobald sie eine Infektion wahrnehmen, wandern Zellen des angeborenen Immunsystems zu einem nahegelegenen Lymphknoten, wo sie T- und B-Zellen aktivieren und eine zielgerichtete Immunantwort auslösen. LecB, so das Ergebnis der aktuellen Studie, verhindert diese Migration: „Wir gehen davon aus, dass LecB dabei nicht nur auf die Immunzellen selbst wirkt, sondern auch verstärkt auf die Zellen, die das Innere der Blut- und Lymphgefäße auskleiden“, erklärt Römer. „Wenn LecB an diese Zellen bindet, löst es in ihnen umfassende Veränderungen aus.“ Die Forschenden beobachteten, dass wichtige Strukturmoleküle ins Zellinnere verlagert und abgebaut wurden. Gleichzeitig wurde das Zellskelett starrer. „Die Zellschicht wird dadurch zu einer unpassierbaren Barriere für die Immunzellen“, so Römer.

Ein effektiver Wirkstoff gegen LecB

Lässt sich dieser Effekt verhindern? Die Forschenden testeten dafür einen spezifischen LecB-Inhibitor, der den Zucker-Bausteinen ähnelt, an die LecB sonst bindet. „Durch den Inhibitor ließen sich die Veränderungen in den Zellen verhindern, und eine T-Zell-Aktivierung war wieder möglich,“ fasst Mueller die vielversprechenden Ergebnisse der aktuellen Studie zusammen. Der Inhibitor wurde von Prof. Dr. Alexander Titz entwickelt, der am Helmholtz-Institut für Pharmazeutische Forschung Saarland und der Universität des Saarlandes forscht.

Um herauszufinden, wie klinisch relevant die Hemmung des Immunsystems durch LecB für die Ausbreitung einer Infektion mit P. aeruginosa ist, und ob der LecB-Inhibitor Potenzial für eine therapeutische Anwendung hat, sind weitere Studien notwendig. „Die aktuellen Ergebnisse sind ein weiterer Beleg dafür, dass Lektine ein sinnvoller Angriffspunkt für die Entwicklung neuer Therapien sind, insbesondere bei antibiotikaresistenten Erregern wie P. aeruginosa“, so das Fazit der Autor*innen.

Eine Kooperation über den Rhein hinweg

Die Ergebnisse stammen aus einer Kooperation der Universitäten Freiburg und Straßburg. Die beiden Erstautorinnen der Studie promovieren bzw. promovierten jeweils an beiden Universitäten und wurden von der Deutsch-Französischen Hochschule unterstützt. Das Projekt ist damit ein Beispiel für ein erfolgreiches grenzüberschreitendes Forschungsprojekt am Oberrhein.

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