Vielversprechendes Antibiotikum aus dem Labor

Darobactin 22 könnte das Zeug zum nächsten Antibiotika-Superstar haben

02.03.2023 - Deutschland

Im ständigen Wettrüsten mit Bakterien haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Zentrums für Strukturelle Systembiologie CSSB gemeinsam mit Kollegen des Helmholtz-Instituts für Pharmazeutische Forschung Saarland HIPS ein neues, vielversprechendes Antibiotikum im Labor hergestellt. Das Molekül namens Darobactin 22 hat das Potenzial, auch schwierig zu behandelnde Infektionen zu bekämpfen. Das Entwicklerteam, dem unter anderem DESY-Forscher Thomas Marlovits angehört, stellt das Mittel im Fachblatt „Angewandte Chemie“ vor. Bislang ist das neue Antibiotikum nur im Labor getestet.

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Bakterien entwickeln ständig neue Strategien, um Resistenzen gegen Antibiotika zu bilden. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO steigt die Zahl von Infektionen wie etwa Lungenentzündung, Tuberkulose, Tripper und Salmonellose, bei denen die eingesetzten Antibiotika immer schlechter wirken.

Darobactin ist ein natürliches Antibiotikum, das aus dem Bakterium Photorhabdus khanii gewonnen wird, das in Symbiose mit Fadenwürmern lebt. In gramnegativen Bakterien bindet Darobactin an das äußere Membranprotein BamA, das für die Funktion des Bakteriums zentrale Bedeutung hat. Wenn Darobactin an BamA bindet, kann das Bakterium nicht mehr überleben. Um die sehr starke Wirkung von Darobactin zu verstehen, haben die Forscher diesen Bindungsmechanismus genauer untersucht.

Mit Hilfe einer biosynthetischen Methode hat Carsten Seyfert, Doktorand im Labor von Rolf Müller am HIPS, dazu zunächst ein Darobactin-Derivat, Darobactin D9, in ausreichender Menge für die biochemische und strukturelle Charakterisierung aufgereinigt. Biao Yuan, Wissenschaftler in der Gruppe von Thomas Marlovits am CSSB, analysierte dann das am BamA gebundene Molekül mit den Kryo-Elektronenmikroskopen am CSSB, mit denen sich einzelne tiefgefrorene Komplexe abbilden lassen.

„Die Aufklärung der detaillierten molekularen Struktur der Darobactin-BamA-Bindungsstelle hilft uns zu verstehen, warum die Bindung so stark ist“, erläutert Yuan. „Damit haben wir einen gerichteten Ansatz entwickelt, um individuelle Bereiche des Darobactins zu modifizieren und so eine noch stärkere Variante zu erschaffen.“

Mit Hilfe der Strukturinformationen konnte Seyfert 20 neue biosynthetische Darobactin-Derivate herstellen, von denen sich Darobactin 22 als das stärkste herausstellte. „D22 übertrifft die antibakterielle Aktivität aller identifizierten nativen Darobactine“, betont Seyfert. „Bei der Bekämpfung von Carbapenem-resistenten Acinetobacter baumannii-Stämmen (CRAB), einem schwer zu behandelnden, antibiotikaresistenten Bakterium, ist D22 sogar 32 Mal aktiver als seine Vorgänger.“

„Wir haben gezeigt, dass die Modifizierung der Bindungsstellen von Antibiotika zu einer stärkeren, wirksameren antibiotischen Aktivität führen kann“, erklärt Gruppenleiter Thomas Marlovits, der auch Professor am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) ist. „Wir sind gespannt auf die weitere Erforschung von D22.“ Zukünftige Studien sollen testen, wie sich die Bindung von D22 noch weiter verbessern lässt, und nach einem effizienten Weg zur Massenproduktion von D22 für die pharmazeutische Verwendung suchen.

An der Arbeit waren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI), der Universität des Saarlandes, des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF), der Uniklinik Köln, des UKE, des CSSB, des HIPS und von DESY beteiligt. Das CSSB auf dem Hamburger DESY-Campus widmet sich gezielt der Infektionsbiologie und ist eine gemeinsame Initiative von DESY und acht anderen Institutionen aus Norddeutschland.

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