Wie Zebrafischlarven und KI die Wirkstoffforschung revolutionieren können

HIPS und CISPA machen gemeinsam künftige Wirkstoffe sicherer

17.02.2023 - Deutschland

Im Projekt ImageTox bündeln das Helmholtz-Institut für pharmazeutische Forschung Saarland (HIPS) und das CISPA Helmholtz-Zentrum für Informationssicherheit ihre Expertise auf den Gebieten Wirkstoffforschung und künstliche Intelligenz. Mit modernsten Methoden des maschinellen Lernens wollen die Saarbrücker Einrichtungen die Erforschung von Wirkungsweisen neuer Medikamente effizienter machen. Das Projekt ist eine Initiative im Rahmen des Helmholtz Medical Security, Privacy, and AI Research Center (HMSP) und wird mit 200.000 Euro von Helmholtz Imaging gefördert, einer Initiative zur Förderung der bildgebenden Forschung.

Dietze, HIPS

Forschende am HIPS arbeiten mit Zebrafischlarven, um mögliche Nebenwirkungen bei neuen Wirkstoffen frühzeitig zu erkennen.

Forschende auf der ganzen Welt treibt die Suche nach neuen Antibiotika oder Virostatika um, die multiresistente Erreger in Schach halten oder neue Erreger bekämpfen. Sieht ein Wirkstoff vielversprechend aus, muss er vor der Zulassung für Menschen und Tiere nicht nur sprichwörtlich auf Herz und Nieren getestet werden – der Prozess startet bereits im Reagenzglas. Die Forschung am lebenden Organismus wird aber zu einem späteren Zeitpunkt unumgänglich, um das Auftreten unerwünschter Nebenwirkungen im Menschen zu vermeiden.

Zum Gamechanger in der Wirkstoff- und Toxizitätstestung könnten Zebrafischlarven werden. “Das Besondere an den Larven ist, dass sie schon in den ersten 120 Stunden nach der Befruchtung ein Organsystem mit Nieren und Leber ausbilden. Ob ein Wirkstoff vom Organismus abgebaut werden kann oder toxische Nebenwirkungen zeigt, kann an ihnen daher viel besser getestet werden als an einfachen Zellkulturmodellen”, sagt Dr. Jennifer Herrmann, Teamleiterin Biologie am HIPS. Das HIPS ist ein Standort des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung in Zusammenarbeit mit der Universität des Saarlandes.

Durch ihre gute Vergleichbarkeit mit höher entwickelten Spezies können die Untersuchungen an Larven Tierversuche in der frühen präklinischen Entwicklung von Medikamenten zum Teil ersetzen. Am HIPS werden die Larven bereits in kleinem Umfang erfolgreich in der Wirkstoffforschung eingesetzt. Dafür wurde das Zebrafisch-Team des Instituts im Sommer vom saarländischen Umweltministerium mit dem Forschungspreis „Alternativen zu Tierversuchen“ ausgezeichnet.

Das Problem: Bisher ist das Verfahren nur für eine begrenzte Anzahl an Tests einsetzbar. Denn noch muss jede Larve zwei Mal am Tag von den Forschenden unter dem Mikroskop untersucht werden. Durch die Behandlung mit Wirkstoffkandidaten auftretende Veränderungen in der Entwicklung der Larven sind mit dem bloßen Auge oft nur schwer zu erkennen. Kommt es zu krankhaften Veränderungen oder Einflüssen auf die Entwicklung der Larven, lässt sich aufgrund der rapiden Entwicklung der Larven kaum nachvollziehen, wann genau diese eingetreten sind. Das Verfahren ist zudem sehr zeitaufwändig und daher noch nicht in größerem Umfang einsetzbar.

Gemeinsam wollen HIPS und CISPA das ändern. “Wir werden Methoden des maschinellen Lernens entwickeln, die bildbasiert schon zu einem sehr frühen Zeitpunkt die Entwicklung der Larven nach einer Testung vorhersagen und Anomalien erkennen können. Somit können viele Versuchsreihen vorzeitig beendet werden, was Zeit und Geld spart. Außerdem können wir damit einen hohen Grad der Automatisierung der Experimente erreichen. Wir vermuten zudem, dass solche Algorithmen sogar die menschlichen Fähigkeiten, Mikroskopie-Daten zu analysieren und zu interpretieren, überschreiten können”, erklärt CISPA-Faculty Prof. Dr. Mario Fritz.

Gelingt es den Forschenden, das biologische Modellsystem des HIPS mit den modernen Ansätzen des maschinellen Lernens des CISPA zusammenzubringen, könnte also schon in einem sehr frühen Stadium der Entwicklung neuer Medikamente deren Sicherheit effizient geprüft werden. Die gewonnenen Erkenntnisse sollen im Rahmen des Projektes auch auf komplexere Entwicklungsstörungen, wie zum Beispiel die Erkennung von Herzschlagraten und Arrythmien, ausgeweitet werden und so eine umfassende toxikologische Bewertung von Wirkstoffkandidaten ermöglichen.

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