Arzneimittelproduktion unter Druck

Engpässe und längere Lieferzeiten bei Zusatz- und Inhaltsstoffen sowie Verpackungsmaterialien führen, mit hohen Infektionsraten, zu Lieferverzögerungen bei Arzneimitteln

22.12.2022 - Österreich

Derzeit kommt es im Arzneimittelmarkt, speziell bei Antibiotika, zu Lieferverzögerungen, nicht nur in Österreich, sondern in ganz Europa. Grund dafür ist vor allem das sprunghaft angestiegene Infektionsgeschehen bei Erkältungs- und Atemwegskrankheiten. Dadurch fehlt der in der Arzneimittelproduktion so wichtige Vorlauf. Dabei sind die Lieferketten im Pharmabereich, genauso wie jene in vielen anderen Branchen, durch die Pandemie und den Ukrainekrieg ohnehin bereits stark belastet. Infektionen zu vermeiden, beispielsweise durch Impfungen, kann ein wesentlicher Beitrag sein, um jetzt die angespannte Situation bei der Verfügbarkeit wichtiger Arzneimittel zu entspannen. Die Unternehmen ihrerseits setzen Maßnahmen wie die Erhöhung der Produktionskapazität oder auch zusätzliche Arbeitsschichten.

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Symbolbild

War die Arzneimittelproduktion in Vor-Pandemie-Zeiten gut plan- und vorhersehbar, so sind die Hersteller heute mit Schwierigkeiten entlang der gesamten Wertschöpfungskette konfrontiert: Vorlaufzeiten für fast alle Verpackungsmaterialien haben sich verlängert, genauso wie für viele Inhaltsstoffe, die in der Medikamentenproduktion benötigt werden. Dasselbe gilt für einzelne Bestandteile von Arzneimitteln, wie Lösungsmittel oder Beschichtungen. Auch sie können von den Herstellern oftmals nicht in ausreichendem Maße oder nur stark zeitverzögert von Zulieferern beschafft werden.

„Diese herausfordernden Umstände im Rahmen der Arzneimittelproduktion führen, gepaart mit dem jetzt sprunghaft angestiegenen Infektionsgeschehen, zu einer sehr angespannten Situation bei einzelnen Medikamenten, erklärt Alexander Herzog, Generalsekretär der PHARMIG. „Es wäre daher wichtig, dass sich die Menschen, so gut es geht, vor Infektionen schützen. Dazu tragen Hygienemaßnahmen bei. Gleichzeitig kann ich nur allen ans Herz legen, sich mittels Impfungen gegen Infektionskrankheiten zu schützen, wie beispielsweise gegen die Grippe“, mahnt Herzog.

Dass sich seit Pandemiebeginn vieles bei der Herstellung von Arzneimitteln verändert hat, bestätigt auch Wolfgang Andiel, Präsident des Österreichischen Generikaverbandes: Die Medikamentenproduktion unterliegt in der Regel einer langen Vorlaufzeit. Mittlerweile müssen Unternehmen mehrere Monate auf einzelne Komponenten warten, die vor der Pandemie binnen kürzester Zeit verfügbar waren. Das verlangt eine längerfristige Planung und erhöht gleichzeitig die Gefahr, dass es im Zuge der sehr komplexen Produktion von Arzneimitteln zu Zwischenfällen kommen kann.

Die gesamte Branche ist im höchsten Maße bestrebt, eine kontinuierliche Versorgung mit ihren Produkten zu gewährleisten. Dazu Andiel: „Die Unternehmen verfügen über zuverlässige Mechanismen, um das Risiko von Lieferengpässen zu mindern, darunter die Schaffung von Sicherheitsbeständen, Dual-Sourcing, also beispielsweise mehr als eine Wirkstoffquelle zu nutzen, sowie solide Pläne zur Gewährleistung der Geschäftskontinuität. In diesem speziellen Fall haben die Firmen Ad-hoc-Maßnahmen ergriffen, darunter erhebliche Investitionen zur Erhöhung der Produktionskapazität, die Einstellung von zusätzlichem Fachpersonal in der Produktion und die Einführung zusätzlicher Arbeitsschichten.“

PHARMIG-Generalsekretär Herzog weist abseits dessen auf das Problem immer niedrigerer Preise bei vielen Arzneimitteln hin, speziell im patentfreien Bereich: „Wir sind seit Langem schon mit einer Preisspirale konfrontiert, die sich beständig nach unten bewegt. Was heißt das für die Arzneimittelproduktion? Sie musste zwangsläufig zunehmend in Regionen verlagert werden, wo eine günstigere Produktion möglich ist. Damit wurde und wird die Arzneimittelproduktion immer mehr auf einzelne wenige Produzenten oder Lieferanten konzentriert. Die Auswirkungen sehen wir vor allem in diesen Tagen. Folglich können wir als Branchenvertreter nur raten, Arzneimittel nicht nur als Kostenfaktor zu betrachten, sondern vor allem als Lösung essenzieller Probleme. Anstatt immer nur auf Einsparpotenziale im Gesundheitssektor zu schielen, sollte der gesamte Sektor als Chance für zukunftsgerichtete Investitionen angesehen werden.“

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