Neue Röntgentechnologie kann die Covid-19-Diagnose verbessern
Studie zeigt Vorteile des Dunkelfeld-Röntgens
Andreas Heddergott / TUM
Die Bildgebung der Lunge von Patient:innen mit Covid-19 erfolgt meist durch Computertomographie (CT). Hierfür werden Röntgenaufnahmen aus verschiedenen Richtungen zu einem dreidimensionalen Bild kombiniert. Dies ermöglicht eine genauere Bildgebung als zweidimensionale Aufnahmen mit konventioneller Röntgentechnologie, hat jedoch den Nachteil einer höheren Strahlendosis aufgrund der vielen Röntgenaufnahmen.
Das neue, von Prof. Pfeiffer entwickelte Dunkelfeld-Röntgenverfahren eröffnet nun neue Möglichkeiten in der radiologischen Diagnostik: „Bei unserer Röntgen-Untersuchung nehmen wir gleichzeitig konventionelle Röntgen- und Dunkelfeldbilder auf. So erhalten wir schnell und einfach zusätzliche Informationen über das betroffene Lungengewebe“, sagt Franz Pfeiffer, Professor für biomedizinische Physik und Direktor des Munich Institute of Biomedical Engineering der TUM.
„Die Strahlendosis ist dabei im Vergleich zu einem CT-Gerät um den Faktor 50 kleiner. Daher ist die Methode auch für Anwendungsszenarien vielversprechend, die wiederholte Untersuchungen über einen längeren Zeitraum erfordern, beispielsweise zur Erforschung von Long-Covid-Verläufen. Für längere Beobachtungszeiträume könnte die Methode eine Alternative zur Computertomographie für die Bildgebung von Lungengewebe bieten“, erläutert Franz Pfeiffer weiter.
Zusätzliche Informationen über die Mikrostruktur des Lungengewebes
In einer neuen Studie haben Radiolog:innen Aufnahmen von Personen mit Covid-19-Lungenerkrankung mit denen gesunder Personen verglichen. Dabei fiel ihnen die Unterscheidung zwischen kranken und gesunden Personen anhand der Dunkelfeldaufnahmen deutlich leichter als mit konventionellen Röntgenbildern. Am besten konnten die Radiolog:innen zwischen krankem und gesundem Lungengewebe unterscheiden, wenn beide Arten von Aufnahmen – konventionell und Dunkelfeld – vorlagen.
Während konventionelles Röntgen auf der Abschwächung des Röntgenlichts basiert, nutzt das Dunkelfeld-Röntgen die sogenannte Kleinwinkelstreuung des Röntgenlichts. Dadurch lassen sich zusätzliche Informationen über die Beschaffenheit der Mikrostruktur des Lungengewebes gewinnen. Somit bieten Dunkelfeldaufnahmen einen Mehrwert für die Untersuchung verschiedener Lungenerkrankungen.
Quantitative Auswertung
Das Forschungsteam optimierte den Aufbau des Röntgengerät-Prototyps so, dass sie die Aufnahmen auch quantitativ auswerten konnten. Eine gesunde Lunge mit vielen intakten Lungenbläschen erzeugt ein starkes Dunkelfeldsignal und erscheint in der Aufnahme hell. Dagegen erzeugt entzündetes Lungengewebe, in das Flüssigkeit eingelagert ist, ein schwächeres Signal und erscheint im Bild dunkler. „Wir normieren dann das Dunkelfeldsignal auf das Lungenvolumen, um die Unterschiede im Lungenvolumen verschiedener Personen zu berücksichtigen“, erklärt Manuela Frank, eine Erstautorin der Publikation.
„Als nächstes möchten wir noch mehr Patient:innen untersuchen. Wenn dann genügend Dunkelfeld-Röntgendaten vorhanden sind, sollen auch Methoden der künstlichen Intelligenz den Auswertungsprozess unterstützen. Mit konventionellen Aufnahmen haben wir bereits ein Pilotprojekt zur KI-Auswertung unserer Röntgenaufnahmen durchgeführt“, sagt Daniela Pfeiffer, Professorin für Radiologie und ärztliche Leiterin der Studie am Klinikum rechts der Isar.
Originalveröffentlichung
Manuela Frank, Florian T. Gassert, Theresa Urban, Konstantin Willer, Wolfgang Noichl, Rafael Schick, Manuel Schultheiss, Manuel Viermetz, Bernhard Gleich, Fabio De Marco, Julia Herzen, Thomas Koehler, Klaus Jürgen Engel, Bernhard Renger, Felix G. Gassert, Andreas Sauter, Alexander A. Fingerle, Bernhard Haller, Marcus R. Makowski, Daniela Pfeiffer, Franz Pfeiffer. Dark-field chest X-ray imaging for the assessment of COVID-19-pneumonia. Communications Medicine, November 2022.
Weitere News aus dem Ressort Wissenschaft
Meistgelesene News
Weitere News von unseren anderen Portalen
Verwandte Inhalte finden Sie in den Themenwelten
Themenwelt Diagnostik
Die Diagnostik ist das Herzstück der modernen Medizin und bildet in der Biotech- und Pharmabranche eine entscheidende Schnittstelle zwischen Forschung und Patientenversorgung. Sie ermöglicht nicht nur die frühzeitige Erkennung und Überwachung von Krankheiten, sondern spielt auch eine zentrale Rolle bei der individualisierten Medizin, indem sie gezielte Therapien basierend auf der genetischen und molekularen Signatur eines Individuums ermöglicht.
Themenwelt Diagnostik
Die Diagnostik ist das Herzstück der modernen Medizin und bildet in der Biotech- und Pharmabranche eine entscheidende Schnittstelle zwischen Forschung und Patientenversorgung. Sie ermöglicht nicht nur die frühzeitige Erkennung und Überwachung von Krankheiten, sondern spielt auch eine zentrale Rolle bei der individualisierten Medizin, indem sie gezielte Therapien basierend auf der genetischen und molekularen Signatur eines Individuums ermöglicht.