Allergien, ein Verbündeter gegen Krebs?
Neue Studie an Mäusen zeigt, wie allergiebedingte Entzündungen dabei helfen können, das Fortschreiten von Hirntumoren zu bekämpfen
Computer-generated image
Das Glioblastom (GBM) ist eine äußerst aggressive Krebsart, die im Gehirn auftritt. Trotz der verschiedenen verfügbaren Krebsbehandlungen, einschließlich chirurgischer Eingriffe, Bestrahlung und Chemotherapie, ist diese hartnäckige Tumorart nach wie vor unheilbar. Erschwerend kommt hinzu, dass GBMs offenbar in der Lage sind, sich unserem Immunsystem zu entziehen. Während andere Krebsarten wie Melanome und bestimmte Arten von Lungenkrebs gut auf eine Immuntherapie ansprechen, sind GBMs äußerst resistent, und alle bisherigen Bemühungen in dieser Hinsicht sind gescheitert. Daher sind neue Ansätze erforderlich, um die Fähigkeit des Immunsystems zur Tumorbekämpfung auszuschöpfen und GBM-PatientInnen erfolgreich behandeln zu können.
Ein vielversprechender Ansatzpunkt für weiterführende Untersuchungen sind möglicherweise die zahlreichen epidemiologischen Studien bei Hirntumorpatienten, die einen negativen Zusammenhang zwischen Allergien und GBM festgestellt haben. Darüber hinaus gibt es immer mehr Belege dafür, dass allergische Entzündungen aktiv an der Krebsimmunität beteiligt sind, was sogar ein neues Forschungsgebiet namens "AllergoOnkologie" hervorgebracht hat. Allerdings sind die Mechanismen, die dieser immun-protektiven allergischen Reaktion zugrunde liegen, bisher noch nicht gründlich erforscht worden.
Um dieses Wissensdefizit zu beheben, haben sich die Abteilung für Krebsforschung und die Abteilung für Infektion und Immunität am Luxembourg Institute of Health (LIH) zusammengetan und ein Forschungsprojekt initiiert. Dank der einzigartigen Bündelung ihrer Kompetenzen konnte das Team unter der Leitung von Dr. Aurélie Poli von der Neuroimmunologie-Gruppe erfolgreich ein allergieinduziertes, den menschlichen Gegebenheiten nachempfundenes Mausmodell entwickeln, dem GBM-Zellen implantiert wurden, das die Beobachtungen aus den oben erwähnten PatientInnenstudien bestätigt.
„Unsere Arbeit liefert ein präklinisches Modell, welches die langfristigen Beobachtungen beim Menschen widerspiegelt, wonach Allergien einen Schutz vor dem Fortschreiten von GBM bieten, sowie den Nachweis, dass allergische Entzündungen die antitumorale Immunität im Gehirn verstärken“, erklärt Dr. Poli, Hauptautor in der Studie.
Das LIH-Mausmodell zeigt, dass Allergien die Immunzellen des Gehirns, die so genannten Mikroglia, dazu veranlassen, sich in einen aggressiveren Entzündungszustand umzuprogrammieren, um die implantierten GBM-Zellen zu bekämpfen und ihr Wachstum zu verhindern. Weitere Analysen des genetischen Profils dieser Zellen haben auch zur Identifizierung einer allergiebezogenen Gensignatur geführt, die mit einer verbesserten Prognose bei GBM-PatientInnen in Verbindung gebracht wird. Darüber hinaus wiesen die Mäuse, bei denen die Allergie ausgelöst wurde, auch einen Anstieg der Frontkämpfer des Immunsystems auf, welches die in den Tumor eindringenden T-Zellen sind. Mäuse, bei denen keine Allergie ausgelöst wurde, zeigten keine dieser Eigenschaften, und ihre Überlebensrate als Reaktion auf die implantierten Hirntumore war merklich geringer. „ Diese Studie unterstreicht den entscheidenden Zusammenhang zwischen Allergien und Hirntumoren und bildet die Grundlage für weitere Untersuchungen zur schützenden Immunität gegen GBM", so Prof. Markus Ollert, einer der leitenden Koautoren der Studie.
„Unsere Erkenntnisse werden dazu beitragen, den Weg für die Entwicklung neuer Therapien gegen Mikroglia und deren Fähigkeit, das Immunsystem gegen GBM zu mobilisieren, zu ebnen", fügt Dr. Simone Niclou, eine weitere leitende Mitautorin der Studie, hinzu.