Der Labormedizin droht ein eklatanter Fachkräftemangel
Labormediziner fordern mehr Ausbildungsmöglichkeiten und höhere Investitionen in die Laborinfrastruktur an Kliniken
Zum Europäischen Tag der Labormedizin – 5. November 2022 – warnten der Berufsverband der Deutschen Labormediziner (BDL) und die Deutsche Gesellschaft für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin (DGKL) vor einem eklatanten Fachkräftemangel in ihrem Fachgebiet. Für den Fachkräftemangel gibt es mehrere Gründe. Einer davon ist stringentes Outsourcing von Laborleistungen an den Kliniken sowie der Wegfall von Lehrstühlen an Universitäten. Hinzu kommt das sukzessive Ausscheiden der geburtenstarken Jahrgänge bei den LabormedizinerInnen. Deswegen fordern die Labormediziner mehr Ausbildungsmöglichkeiten und höhere Investitionen in die Laborinfrastruktur an den Kliniken

Symbolbild
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Der Fachkräftemangel betrifft Fachärzte und Fachärztinnen für Labormedizin sowie Medizinische TechnologInnen gleichermaßen. BDL-Vorstandsvorsitzender, Dr. Andreas Bobrowski: „Über die Jahre sind uns die Strukturen für die Weiterbildung von Laborfachärzten im klinischen Bereich weggebrochen. Wir müssen dringend mehr Weiterbildungsangebote an Universitätskliniken und bei Maximalversorgern schaffen.“ Die Entwicklung sei in vergangenen zwei Jahrzehnten insbesondere durch stringentes Outsourcing von Laborleistungen an den Kliniken sowie durch den Wegfall von Lehrstühlen an Universitäten forciert worden. Dabei beruhen etwa 66 Prozent aller ärztlichen Entscheidungen heutzutage direkt oder indirekt auf labordiagnostischer Diagnostik.
„Wir müssen aber im klinischen Umfeld ausbilden. Viele Krankheitsbilder, die zu einer fundierten Ausbildung zum Facharzt für Laboratoriumsmedizin gehören, können den angehenden LabormedizinerInnen nur im universitären Umfeld beziehungsweise bei einem Maximalversorger vermittelt werden“, erklärt DGKL-Vorsitzender Prof. Harald Renz. Als Beispiele nennt Renz Besonderheiten in der Gerinnungsdiagnostik, der mikrobiologischen Analytik, aber auch in der Diagnose von Intoxikationen durch Medikamenteneinnahme oder Drogen. Renz verweist des Weiteren auf die Bedeutung der Labormedizin bei der Diagnose von Volkskrankheiten und seltenen Erkrankungen sowie bei Infektionskrankheiten.
Verstärkt wird die Ausbildungsmisere durch den sukzessiven Wegfall der geburtenstarken Jahrgänge bei den LabormedizinerInnen. Darüber hinaus kritisieren BDL und DGKL die Bedarfsplanung der Labormediziner im ambulanten Sektor, die auf rund 1.000 Facharztstellen begrenzt ist. Bobrowski: „Wir werden aber nur ausreichend viele junge LabormedizinerInnen gewinnen können, wenn wir Perspektiven schaffen.“ Insbesondere die Corona-Pandemie habe gezeigt, dass die Labormedizin zu den systemrelevanten Fächern gehört. Wegen der zunehmenden Teilzeittätigkeit kommt es selbst bei einer leichten Zunahme der Anzahl der LaborärztInnen zu einem Arbeitskräftemangel.
Zur Zukunftssicherung gehören auch mehr Investitionen in bauliche Projekte der Labormedizin. Dr. Michael Heins, Chefarzt für Laboratoriumsmedizin am Klinikum Osnabrück, unterstützt diese Forderung. Heins hat 2016 ein Krankenhauslabor in ein Facharztlabor mit KV-Sitz ausgebaut und sehr viele Laborleistungen, insbesondere Spezialuntersuchungen, ingesourct. „Die Investitionen dafür kann ein Krankenhaus allein nicht stemmen, hierfür braucht es die Unterstützung der öffentlichen Hand.“ In den letzten Jahren hat sich gezeigt, dass durch den Ausbau eines eigenen Labors die Zeit bis zur Befundübermittlung und damit auch die Liegezeit verkürzt und sich zusätzlich die Kostenstruktur des Krankenhauses verbessert hat.
In Deutschland gibt es aktuell 41 universitätsmedizinische Standorte, von denen 21 mit einer eigenständigen W3-Professur für Laboratoriumsmedizin besetzt sind. Die Ausbildungsmisere erstreckt sich auch auf die anderen Gesundheitsfachberufe im Labor. Sie kämpfen unter anderem mit Schulschließungen an den Kliniken.
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