Neue Methode schont Versuchstiere in der Krebsforschung

Einsatz der Genschere CRISPR sorgt für verbesserten Tierschutz

12.10.2022 - Deutschland

Die Anzahl von Versuchstieren in der Krebsforschung lässt sich erheblich verringern, wenn man die neue Methode einer Marburger Forschungsgruppe aus der Tumormedizin einsetzt. Das Verfahren nutzt die Genschere CRISPR, um zu Studienzwecken Mäuse mit Tumoren zu erzeugen, statt hierzu aufwendige Zuchten mit vielen Tieren durchzuführen. Das Team um den Marburger Krebsforscher Professor Dr. Thorsten Stiewe berichtet im Fachblatt „Molecular Cancer“ über seine Ergebnisse.

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„Tierschutz in der medizinischen Forschung orientiert sich am so genannten 3R-Konzept“, erläutert Thorsten Stiewe, der die aktuelle Studie leitete. Das Kürzel 3R steht für „Reduction, Refinement, Replacement“, also Verminderung, Verfeinerung, Ersatz von Tierversuchen. Für seine Verdienste um die Schonung von Versuchstieren erhielt der Marburger Hochschullehrer bereits im Jahr 2014 den Hessischen Tierschutz-Forschungspreis.

Bisher forschte die Krebsmedizin an Tumoren, indem Versuchstiere gezüchtet wurden, die krebserzeugende Genveränderungen enthalten. Dabei bleiben wie bei jeder Zucht Tiere übrig, die nicht die erwünschten Eigenschaften besitzen. „Unsere Methode löst dieses Problem, indem wir die Genveränderungen nicht über Zuchten in die Mäuse einbringen, sondern in erwachsenen Tieren direkt erzeugen“, erklärt Erstautorin Nastasja Merle, die eine Doktorarbeit in Stiewes Arbeitsgruppe anfertigt.

Die Forschungsgruppe verwendet ein molekulargenetisches Werkzeug, um die DNA zielgenau zu verändern, nämlich die Genschere CRISPR. „Genetisch definierte Tumore, die mit dem CRISPR-Verfahren im Mausmodell entstehen, sind überaus wichtig, um personalisierte Tumortherapien zu testen“, sagt Stiewe. „Unsere Methode spiegelt bestmöglich den natürlichen Prozess der Tumorentstehung beim Menschen wider, da auch hier die auslösenden Genmutationen in der Regel nicht vererbt, sondern erst im Laufe des Lebens erworben werden.“

Darüber hinaus bringe die neue Technik eine erhebliche Verbesserung im Versuchstierschutz. Sie lässt sich außerdem mit dem preisgekrönten Diagnoseverfahren kombinieren, für das Stiewe vor acht Jahren den Hessischen Tierschutz-Forschungspreis erhalten hat. „Wir versehen die Tumorzellen mit einem leuchtfähigen Luciferase-Enzym, das in die Blutbahn gelangt und dort nachweisbar ist“, führt Nastasja Merle aus. Bei Luciferasen handelt es sich um Enzyme, die Stoffe so umbauen, dass sie Licht ausstrahlen – eine Erscheinung, die man zum Beispiel von Glühwürmchen kennt. „Wir können anhand eines einzigen Blutstropfens aus der Schwanzvene der Mäuse jederzeit im Labor messen, wieviel Tumor in dem Tier vorhanden ist.“

Bislang erforderte die Überwachung der Tumore umfangreiche, wiederholte und für die Tiere belastende Untersuchungen mit bildgebenden Verfahren wie MRT oder CT. Das ist nun nicht mehr nötig. „Wir haben die Markierung mit Luciferase, die wir ursprünglich für die Untersuchung von transplantierten Tumoren entwickelten, nunmehr auf die Überwachung von Tumoren ausgeweitet, die direkt im Tier entstehen“, legt Stiewe dar. Zusammengenommen ergibt sich eine erhebliche Verbesserung gemäß des 3R-Konzepts, da sowohl die Anzahl als auch die Belastung der Tiere maßgeblich reduziert werden.

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