Immuntherapie vermindert Lungen- und Leberfibrosen in Mäusen

Klappt der Ansatz auch beim Menschen, stünde eine wirksame Fibrosebehandlung zur Verfügung

19.09.2022 - Schweiz

Chronische Erkrankungen führen meist zu einer Fibrose, bei der das Organgewebe vernarbt und abstirbt. Forschende der Universität Zürich haben nun eine Immuntherapie entwickelt, die sich spezifisch gegen die Urheber – aktivierte Fibroblasten – richtet, die normalen Bindegewebszellen jedoch verschont. Klappt der Ansatz auch beim Menschen, stünde eine wirksame Fibrosebehandlung zur Verfügung.

Christian Stockmann, UZH

Gesundes Lungengewebe enthält viele luftgefüllte Lungenbläschen, in denen Sauerstoff aus der Atemluft ins Blut aufgenommen wird (links). In fibrotischem Lungengewebe wurden diese durch Bindegewebswucherungen verdrängt (rechts).

Eine Fibrose ist eine krankhafte Vermehrung des Bindegewebes, die das Organgewebe zerstört. Sie ist die letzte Konsequenz fast jeder Form von chronischer Schädigung. Fibrose kann in fast jedem Gewebe des Körpers entstehen, betrifft aber am häufigsten Leber, Lunge, Herz und Nieren. Fibrosen machen bis zu 45 Prozent aller Todesfälle in den Industrieländern aus. Entzündungen oder Durchblutungsstörungen sind häufige Auslöser einer chronischen Organschädigung. Sie aktiviert die Fibroblasten, worauf diese unkontrolliert zu wachsen beginnen und faseriges Bindegewebe ablagern. So wird das Organgewebe nach und nach zerstört und vernarbt. Das betroffene Organ funktioniert zusehends schlechter bis hin zum Totalausfall.

Aktivierte Fibroblasten beseitigen und ruhende Zellen schonen

Ein internationales Forschungsteam unter der Leitung der Universität Zürich (UZH) hat nun eine neue Strategie erarbeitet, um aktivierte Fibroblasten gezielt zu eliminieren. «Vergleichbar mit einer Impfung konnten wir im Tiermodell eine Immunreaktion hervorrufen, bei der die aktivierten Bindegewebszellen abgetötet werden, die ruhenden Fibroblasten jedoch verschont bleiben», sagt Studienleiter Christian Stockmann, Professor am Anatomischen Institut der UZH. Auf diese Weise gelang es den Forschenden, bei Mäusen Fibrosen in lebenswichtigen Organen wie Leber und Lunge zu reduzieren und gleichzeitig gesundes Gewebe zu schonen.

Unterschiede in den Oberflächenstrukturen identifiziert

An diesem Punkt scheiterten die bisherigen Strategien zur Fibrosetherapie, denn sie beschädigten jeweils auch die ruhenden Fibroblasten. Diese sind wichtig, um Struktur und Funktion von gesundem Gewebe aufrechtzuerhalten. Die Forschenden untersuchten daher, wie sich die Oberfläche von ruhenden und aktivierten Bindegewebszellen unterscheiden. «Unsere Computergestützten Analysen ergaben, dass Bruchstücke zweier Oberflächenproteine – Adam12 und Gli1 – die vom Immunsystem erkannt werden können, auf aktivierten Fibroblasten zahlreich vorhanden sind, auf ruhenden Zellen aber kaum», sagt Stockmann. Durch die chronische Gewebeschädigung wird die Aktivität der beiden Gene angekurbelt, worauf die Fibroblasten die beiden Eiweisse in grösseren Mengen herstellen.

Immuntherapie reduziert Leber- und Lungenfibrosen in Mäusen

Diese beiden Oberflächenstrukturen verwendeten die Wissenschaftler nun in Mäusen als Impfstoff, um eine Immunreaktion durch sogenannte zytotoxische T-Zellen auszulösen. Diese Abwehrzellen eliminieren normalerweise virusinfizierte oder Krebszellen. «Mit der neu entwickelten Immuntherapie gelang es uns erstmals, Fibroblasten in Mäusen effizient zu eliminieren, und so Fibrosen in der Leber und in der Lunge zu reduzieren ohne gesundes Organgewebe zu tangieren», sagt Studienleiter Stockmann. Gelingt es, auch beim Menschen eine vergleichbare, zielgerichtete Immunreaktion hervorzurufen, könnte die impfstoffbasierte Immuntherapie zukünftig zur Behandlung von Patientinnen und Patienten mit Organfibrosen eingesetzt werden.

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