Zu viel Salz ist ungesund - zu wenig aber manchmal auch
Über die Risiken von hohem Salzkonsum diskutieren Wissenschaftler schon seit Jahrzehnten: Inzwischen kristallisiert sich zunehmend heraus, wer besonders aufpassen sollte
(dpa) Zum Frühstück ein Croissant und ein Joghurt, mittags eine Tiefkühlpizza, abends zwei Scheiben Brot mit Käse und eine Handvoll Kartoffelchips auf dem Sofa: Mit einem solchen Essensplan ernährt man sich nicht nur ziemlich einseitig, sondern auch sehr salzreich. In diesem Beispiel wären es fast acht Gramm Speisesalz - und damit deutlich mehr als die von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfohlenen täglichen sechs Gramm, was etwa einem Teelöffel entspricht, oder gar die fünf Gramm, zu denen die Weltgesundheitsorganisation (WHO) rät.
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Seit Jahren warnen Ernährungsforscher, Fachgesellschaften und Mediziner, dass wir zu viel Salz essen. Studien zeigen, dass zu viel Salz im Essen ungesund ist - zu wenig kann aber auch schädlich sein.
Tatsächlich nehmen laut einer Studie des Robert Koch-Instituts (RKI) 70 Prozent der Frauen und 80 Prozent der Männer in Deutschland mehr als sechs Gramm Speisesalz pro Tag zu sich, 39 Prozent der Frauen und 50 Prozent der Männer mehr als zehn Gramm pro Tag und bei 15 Prozent der Frauen und 23 Prozent der Männer sind es gar mehr als 15 Gramm täglich. Laut Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) konsumieren vor allem Männer, Kinder und Jugendliche zu viel Salz.
Mit einem hohen Salzkonsum gingen allerdings gesundheitliche Risiken einher, warnt die DGE, vor allem Bluthochdruck. Der wiederum sei einer der wichtigsten Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Krankheiten. Zudem sei eine hohe Speisesalzzufuhr mehreren Studien zufolge mit einem erhöhten Magenkrebsrisiko verbunden. Auch das Immunsystem soll bei zu viel Salz leiden.
Das Problem: Salz ist in vielen Lebensmitteln enthalten, auch in solchen, bei denen man es auf den ersten Blick nicht vermuten würde. So weist eine Scheibe Graubrot nach DGE-Angaben durchschnittlich 0,6 Gramm Speisesalz auf - und damit mehr als eine Handvoll Chips. In einer Bratwurst stecken 2,2 Gramm Salz, in einer handelsüblichen Dose Hühnernudelsuppe knapp 4 Gramm.
Doch nicht nur das in Lebensmitteln bereits enthaltene Salz ist problematisch - auch das ständige Nachsalzen von Gerichten kann gefährlich sein. Das berichteten US-Wissenschaftler kürzlich im Fachblatt «European Heart Journal». Männer, die beim Essen häufig zum Salzstreuer griffen, hätten eine um gut zwei Jahre verringerte Lebenserwartung, Frauen verkürzten ihre Lebensspanne um anderthalb Jahre, so das Ergebnis der Studie mit 500.000 Teilnehmenden.
Insgesamt hätten Nachsalzer verglichen mit Menschen, die nie oder selten Salz zugaben, ein um 28 Prozent erhöhtes Risiko, vorzeitig zu sterben. In der westlichen Ernährung mache dieses Nachsalzen am Tisch 6 bis 20 Prozent der gesamten Salzaufnahme aus, erklärt Hauptautor und Ernährungswissenschaftler Lu Qi. Die Studie ergab allerdings auch, dass jene Salz-Liebhaber, die besonders viel Obst und Gemüse essen, ein etwas geringeres Sterberisiko hatten. «Dieses Ergebnis hat uns nicht überrascht, da Obst und Gemüse wichtige Quellen für Kalium sind, das eine schützende Wirkung hat und mit einem geringeren Risiko eines vorzeitigen Todes in Verbindung gebracht wird», sagt Qi.
Tatsächlich passt diese Beobachtung zu einer weiteren kürzlich veröffentlichten Studie, der zufolge insbesondere Frauen durch eine erhöhte Kaliumaufnahme die Risiken ihres Salzkonsums bis zu einem gewissen Grad kompensieren können. Kalium unterstützt die Ausscheidung von Natrium mit dem Urin und ist vor allem in Bananen, Avocados und Lachs enthalten.
Sollte man sich also ein Beispiel an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) nehmen, der bekanntermaßen auf eine salzarme Ernährung setzt? Nicht unbedingt. Denn auch zu wenig Salz kann schädlich sein.
Speisesalz besteht hauptsächlich aus Natriumchlorid (NaCl) und stellt die Hauptquelle in unserer Ernährung für Natrium und Chlorid da - Stoffe, die zentral für die Aufrechterhaltung des Flüssigkeitshaushalts der Zellen sind.
Schon vor Jahren sorgte eine Studie kanadischer Wissenschaftler für Aufsehen, der zufolge extremer Salzverzicht bei Menschen mit normalem Blutdruck sogar zu Herz-Kreislauf-Komplikationen führen könne. Ein höherer Salzkonsum führte in dieser Gruppe nicht zu mehr Herzinfarkten und Schlaganfällen, erst ab gut zwölf Gramm Salz oder fünf Gramm reinen Natriums bestünden gesundheitliche Risiken, hieß es. Die Mediziner empfahlen daher eine natriumarme Kost eher für Menschen mit Bluthochdruck, die bislang sehr viel Salz zu sich genommen hätten. Auch eine chinesische Beobachtungsstudie stellte fest, dass sich bei bestimmten Formen der Herzinsuffizienz eine besonders salzarme Kost negativ auswirken könnte.
Angesichts des hohen Salzgehalts vieler Fertigprodukte, aber auch Grundnahrungsmittel wie Brot und Milchprodukte scheint es indes eher unwahrscheinlich, sich unbeabsichtigt zu salzarm zu ernähren. Umgekehrt sind die empfohlenen Grenzwerte schnell erreicht. Wer nun weniger Natriumchlorid zu sich nehmen will, findet in Fachgeschäften und Reformhäusern Kochsalzersatz aus Kaliumchlorid. Doch dieses Ersatzsalz kann für Menschen mit bestimmten Erkrankungen - etwa der Nieren, des Herzens oder der Leber - gefährlich werden, da diese mit einem Risiko für einen erhöhten Kaliumspiegel im Blut einhergehen. Daher sollte Salzersatz nur nach ärztlichem Rat genutzt werden.
Um Salz einzusparen, rät die DGE eher, den Verzehr verarbeiteter Lebensmittel zu reduzieren und stattdessen mehr unverarbeitetes Obst und Gemüse zu essen. Beim Kochen sollten zunächst Gewürze und frische Kräuter verwendet werden. Benutzt man dann doch Salz, sollte dieses mit Jod und Fluorid angereichert sein. Vor allem aber brauche man Geduld auf dem Weg zu salzärmerer Kost, so die DGE-Empfehlung: «Wenn man die Speisesalzzufuhr verringern möchte, ist es am besten, wenn dies in kleinen Schritten passiert, damit man sich an den schwächeren Salzgeschmack gewöhnen kann.»