Biochemiker nutzen neues Werkzeug, um mRNA mit Licht zu kontrollieren

Forschungsteam fand heraus, dass sie unter Verwendung von sogenannten FlashCaps erfolgreich die Translation von mRNA mit Licht steuern können

23.06.2022 - Deutschland

Die DNA (Desoxyribonukleinsäure) ist ein langes Kettenmolekül, das sich aus vielen einzelnen Bausteinen zusammensetzt und die Grundlage des Lebens auf der Erde bildet. Die Funktion der DNA ist die Speicherung aller Erbinformationen. Die Umsetzung dieser genetischen Informationen in Proteine, die ein Organismus zur Entwicklung, Funktion und Reproduktion benötigt, geschieht über mRNA (Boten-Ribonukleinsäure). Die DNA wird zur mRNA transkribiert und die mRNA wiederum zu Proteinen translatiert (Proteinbiosynthese). Die mRNA fungiert also als Informationsüberträger. Biochemikerinnen und Biochemiker der Westfälischen Wilhelms-Universität (WWU) Münster haben jetzt ein neues biochemisches Werkzeug entwickelt, um die Translation von RNA mit Hilfe von Licht zu kontrollieren. Diese sogenannten „FlashCaps“ ermöglichen es Wissenschaftlern, verschiedene Prozesse in Zellen räumlich und zeitlich zu kontrollieren und so grundlegende Funktionen von Proteinen zu ermitteln. Die Ergebnisse sind im Fachmagazin „Nature Chemistry“ erschienen.

AG Rentmeister

Räumliche Kontrolle der Translation von eGFP in HeLa Zellen: Nur die bestrahlten Zellen (innerhalb des Kreises) zeigen grüne Fluoreszenz vom eGFP und deuten damit auf erfolgreiche Translation hin.

Hintergrund und Methodik

Die Zellfunktionen hängen von speziellen Molekülen ab, den Enzymen. Enzyme sind Proteine, die an chemischen Reaktionen in der Zelle beteiligt sind. Sie helfen dabei, Stoffwechselprodukte zu synthetisieren, Kopien der DNA-Moleküle anzufertigen, Energie für Zellaktivitäten aufzubereiten, die DNA zu verändern und bestimmte Moleküle abzubauen. Das Forscherteam um Prof. Dr. Andrea Rentmeister vom Institut für Biochemie der WWU verwendete die chemisch hergestellten FlashCaps, um ein Werkzeug zu entwickeln, das es ermöglicht zu ermitteln, welche Enzyme welche Funktionen erfüllen und was passiert, wenn diese nur in bestimmten Bereichen aktiviert werden. FlashCaps sind mit einer sogenannte Photoschutzgruppe versehen – dabei handelt es sich um chemische Gruppen, welche durch Bestrahlung mit Licht wieder entfernt werden können –und werden bei der RNA Synthese in die mRNA eingebaut.

Die Besonderheit dieser Strategie ist, dass im Gegensatz zu anderen Studien hier keine Veränderung der mRNA-Sequenz stattfinden muss. Lediglich der Einbau eines kleinen Moleküls (der „FlashCap“) ist nötig, um die Translation einer langen mRNA fast vollständig zu blockieren. Nach der Bestrahlung mit Licht liegt dann wieder die natürliche mRNA ohne Modifikation vor. „Durch unsere FlashCaps ist es nun für jedes Labor auf der Welt möglich, ohne Mehraufwand jede beliebige mRNA mit Licht zu aktivieren“, erklärt Nils Klöcker, einer der Erstautoren der Studie und Doktorand am Institut für Biochemie.

Mit Hilfe ausgefeilter organisch-chemischer Synthese konnte das münstersche Wissenschaftsteam die FlashCaps – ein Molekül zur lichtgesteuerten Kontrolle der mRNA-Translation – entwickeln. Sie zeigten, dass diese Strategie effektiv die Translation hemmt und nach Bestrahlung durch Licht in Zellen auch wieder aktiviert. Der Unterschied zu anderen Strategien in dieser Herangehensweise liegt zum einen darin, dass die FlashCaps von jedem Labor eingesetzt werden können, also ohne spezielle Expertise, besondere Protokolle oder Anpassungen. Zum anderen liegt die mRNA nach Bestrahlung in ihrer natürlichen Struktur vor, was die Untersuchung natürlicher Prozesse in Zellen erleichtert.

In dieser Arbeit zeigten die Wissenschaftler, dass sie unter Verwendung von FlashCaps erfolgreich die Translation von mRNA mit Licht steuern können. Dies zeigten sie für vier verschiedene mRNAs in zwei verschiedenen Zelllinien. „Dies ist ein wichtiger Fortschritt, um anderen Forschern räumliche und zeitliche Kontrolle über die Translation ihrer zu erforschenden mRNA zu ermöglichen. Potenziell erweitern FlashCaps das Methodenspektrum jedes mRNA-Labors“, sagt Florian Weissenböck vom Institut für Biochemie.

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