Neues KI-Tool ermöglicht schnelle und kostengünstige Protein-Markierung im Labor

Kostenlose Software von NanoTemper und PharmAI verrät, welcher Stoff am besten passt

12.04.2022 - Deutschland

Wechselwirkungen zwischen Proteinen steuern biologische Prozesse im menschlichen Körper. Einblicke in genau diese Vorgänge sind notwendig, um Krankheiten zu verstehen und neue Medikamente entwickeln zu können. Im Labor wird deshalb die Bindungsneigung von Molekülen zu Proteinen gemessen. Für den Nachweis und die Messung dieser Interaktion ist eine Markierung nötig, meist mit Hilfe eines Farbstoffs. Doch dieser kann die Bindung ungünstig beeinflussen. Wichtig wäre es also zu wissen, welcher Farbstoff die Messung am wenigsten stört. Das Dresdner Start-up PharmAI und das Münchner Unternehmen NanoTemper Technologies haben dafür nun das gemeinsame Tool „Proto“ entwickelt. Es spart Zeit und Kosten.

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Symbolbild

Revolutionäre AlphaFold-Daten bereits integriert

Die Web-Anwendung „Proto“ ist einfach zu bedienen und schafft zusätzliches Vertrauen in die Ergebnisse einer Messung. Um den am besten geeigneten Farbstoff vorherzusagen, nutzt die Software die 3D-Struktur des Proteins. Die Struktur stammt aus der RCSB-Protein-Datenbank oder aus der Strukturdatenbank AlphaFold des zur Google-Mutter Alphabet gehörenden Londoner Unternehmens DeepMind. Erst seit November 2021 hat DeepMind zusammen mit dem EMBL-EBI die Datenbank frei zugänglich gemacht.

Für die Vorhersage einer Proteinstruktur auf Basis der Aminosäuresequenz des Proteins nutzt AlphaFold das sogenannte Deep Learning – also mehrschichtige künstliche neuronale Netze, die von der Verschaltung der Neuronen im menschlichen Gehirn inspiriert sind. Insgesamt greift „Proto“ damit auf über 700.000 Proteinstrukturen zurück. „Wir sind stolz, mit ‚Proto‘ eine der ersten kommerziellen Anwendungen von AlphaFold vor-zustellen”, fügt der NanoTemper Geschäftsführer Philipp Baaske hinzu. Nach der Auswahl des Proteins wählen Proto-Nutzer zusätzlich die Bindungsstelle oder das Molekül aus, das ans Zielprotein binden soll. Mit diesen Eingaben vergleicht die Software mögliche Markierungsoptionen, leitet die am wenigsten störende Variante ab und gibt Empfehlungen für die anstehende Messung.

Diese neuartige Labeling-Vorhersage ist der erste wichtige Schritt, um Experimente im Bereich der Biotechnologie und Pharmaindustrie in Zukunft mit Hilfe künstlicher Intelligenz zu optimieren. „Die Forschenden sparen Zeit, weil aufwendige Untersuchungen zur Validierung der gewählten Markierung entfallen“, beschreibt PharmAI-Geschäftsführer Joachim Haupt die Vorteile. Das reduziere Kosten und vor allem auch den Verbrauch von Chemikalien. Die Lösung biete zudem Ansätze für neue Ideen. Zum Beispiel die Entwicklung und Integration moderner KI-gestützter Algorithmen für das Screening geeigneter Wirkstoffkandidaten für die Arzneimittelentwicklung. „Die Reduzierung der Anzahl der Kandidaten in Kombination mit der hohen Messgeschwindigkeit der Geräte von NanoTemper könnte dabei ein entscheidender Faktor werden“, fügt Christina Wolf hinzu.

Kostenfreier Zugang für wichtige Forschung

„Wir möchten helfen, die Erforschung von Krankheiten und Therapeutika zu optimieren“, sagt Joachim Haupt. Es existieren außerdem zahlreiche seltene Krankheiten, deren Erforschung aktuell für große Pharmaunternehmen unrentabel ist. Durch die Möglichkeiten KI-basierter Software könnten künftig auch kleinere Labore in die Wirkstoffforschung einsteigen und mit ihrer Arbeit neue Therapien ermöglichen.

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