Therapie für Muskelschwäche: Neues Start-up gegründet

Tödlich verlaufende Erbkrankheit ist derzeit noch unheilbar: Start-up will Gentherapie nun in die klinische Entwicklung bringen

02.03.2022 - Schweiz

Prof. Dr. Markus Rüegg und Dr. Judith Reinhard vom Biozentrum der Universität Basel haben gemeinsam mit Dr. Thomas Meier, früherer CEO von Santhera Pharmaceuticals, das Start-up SEAL Therapeutics AG gegründet. Ihr Ziel ist es, mittels Gentherapie angeborene Muskelschwäche zu behandeln und ihre Forschungsergebnisse vom Labor zum Patienten zu bringen. Die tödlich verlaufende Erbkrankheit ist derzeit noch unheilbar.

University of Basel, Biozentrum

Querschnitt durch einen therapierten LAMA2 MD-Muskel mit Laminin-ummantelten Muskelfasern (grün) und neu gebildeten kleinen Muskelfasern (rot).

Die angeborene Muskelschwäche ist eine seltene Erbkrankheit, für die es bis heute noch keine Therapie gibt. Es sind mehr als dreissig verschiedene Formen von Muskeldystrophien bekannt, die sich in der Art des genetischen Defektes und der Schwere des Verlaufs voneinander unterscheiden.

Prof. Markus Rüeggs Team am Biozentrum der Universität Basel beschäftigt sich seit mehr als einem Jahrzehnt mit der LAMA2-defizienten kongenitalen Muskeldystrophie (LAMA2 MD oder MDC1A). Diese schwere Form von Muskelschwäche manifestiert sich bereits nach der Geburt oder im Säuglingsalter. Die Muskeln der betroffenen Kinder verlieren zunehmend an Kraft und bilden sich immer weiter zurück. Häufig sterben die Kinder noch bevor sie erwachsen sind.

Start-up: Gentherapie in die Klinik bringen

Die Forschenden um Rüegg haben auf ihre wissenschaftlichen Erkenntnisse aufbauend einen gentherapeutischen Ansatz zur Behandlung der LAMA2 MD-Muskelschwäche entwickelt und diese in einem von der Innosuisse geförderten Projekt die Forschung in Richtung klinischer Anwendung vorangetrieben.

Die Gründung des Start-ups SEAL Therapeutics AG ist ein wichtiger Schritt, um Kooperationspartner aus der Pharmaindustrie ins Boot zu holen und in klinischen Studien die Wirksamkeit der neuartigen Gentherapie am Patienten zu prüfen.

Lebensbedrohliche Muskelschwäche

Kinder mit der Muskelschwäche LAMA2 MD leiden an fehlender Muskelspannung und -kraft von Geburt an, sie werden deshalb auch als «floppy infants» bezeichnet. Die meisten Betroffenen lernen nie selbstständig zu laufen. Auch die Atemmuskulatur ist schwach und baut sich stetig weiter ab, bis das Organ versagt.

Die Ursache für die Muskelschwäche ist ein fehlerhaftes Gen. Der Körper kann infolge dessen kein Laminin-a2 bilden, ein Protein, welches die Muskelfasern gegen die stete mechanische Belastung stabilisiert. Rüeggs Team hat im Labor passende Verbindungsstücke (Linker-Proteine) entwickelt, die in den Muskelfasern das fehlende Laminin-a2 ersetzen können.

«Die präklinischen Resultate im Mausmodell für LAMA2 MD sehen sehr vielversprechend aus», freut sich Rüegg. «Im Innosuisse-Projekt konnten wir zeigen, dass unsere Gentherapie funktioniert. Wir haben die Linker-Proteine in gebräuchliche Transportvehikel verpackt und den Mäusen appliziert. Durch diese Behandlung stabilisieren sich die Muskeln, die Krankheit verläuft weniger schwer und die Tiere werden älter. Das ist eine enorme Verbesserung und wir hoffen jetzt, diese Technologie in den Patienten zu bringen.»

Den Versuch wagen: Das Leben Betroffener verbessern

Gentherapien sind bei erblichen neuromuskulären Erkrankungen sehr wahrscheinlich die Zukunft, denn mit traditionellen Therapien lassen sich die strukturellen Defekte am Muskel bisher nicht beheben. In dem Spin-off bringen die drei Gründer die wissenschaftliche Expertise zu Muskeldystrophien, das notwendige Netzwerk, um Spitäler für die klinischen Studien zu gewinnen, sowie Businesserfahrung zusammen.

«Die Gründung von SEAL Therapeutics AG ist der Grundstein, um die Gentherapie nun in die klinische Entwicklung zu bringen», erklärt Judith Reinhard. «Die Zeit ist reif, um herauszufinden, ob die Behandlung auch den Patienten helfen kann. Auf Kongressen sehen wir nicht nur ein grosses Interesse von Seiten der Ärzte, auch betroffene Eltern setzen grosse Hoffnungen in die von uns entwickelte Technologie. Das motiviert enorm.»

Unterstützung erhalten die Firmengründer von der universitären Technologietransfer-Organisation Unitectra und auch der Direktor des Biozentrums, Prof. Alex Schier, steht hinter dem Gründungsvorhaben.

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