Wissenschaftsorganisation kürt „Adlermörder“-Studie zur bedeutendsten Arbeit des Jahres
Mit kriminalistischem Spürsinn und viel Ausdauer konnte ein Team aus Deutschland und den USA ein jahrzehntealtes Rätsel lösen
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Mit kriminalistischem Spürsinn und viel Ausdauer konnte das Team aus Deutschland und den USA ein jahrzehntealtes Rätsel lösen: Seit Mitte der 1990er Jahre kommt es im US-Bundesstaat Arkansas zu einem Massensterben des Weißkopfseeadlers. Die Tiere leiden an der neurodegenerativen Krankheit "Vacuolar Myelinopathy" (VM). Sie verlieren die Kontrolle über ihren Körper und in ihrem Gehirn entstehen Löcher. "Es war ein Mysterium, was die Krankheit verursacht", sagt Prof. Dr. Timo Niedermeyer, der seit 2017 am Institut für Pharmazie an der MLU die Arbeitsgruppe Biogene Arzneistoffe leitet.
2005 konnte Prof. Dr. Susann B. Wilde von der Warnell School of Forestry and Natural Resources an der University of Georgia einen Teil des Rätsels lösen: Auf der invasiven Wasserpflanze Hydrilla verticillata entdeckte sie ein bislang unbekanntes Cyanobakterium, das offenbar für die Krankheit verantwortlich ist. Gemeinsam mit Wilde ging Niedermeyer der Frage nach, wie die Bakterien die Krankheit auslösen können. Nach einigen Rückschlägen untersuchte Dr. Steffen Breinlinger, damals Doktorand bei Niedermeyer, schließlich mit einem neuen bildgebenden Massenspektrometer Molekül für Molekül die Zusammensetzung auf der Blattoberfläche von Hydrilla. Und dabei fanden die Forschenden eine neue Substanz, die nur dort vorkommt, wo die Cyanobakterien wachsen. Das isolierte Molekül enthält fünf Brom-Atome und löste in weiteren Versuchen tatsächlich die Krankheit VM aus. Damit war die Frage nach dem Grund für das Sterben der Weißkopfseeadler endlich geklärt.
Woher das Bromid kommt, das die Bakterien für die Bildung des Gifts benötigen, lässt sich noch nicht mit Gewissheit sagen, erläutert Niedermeyer. Normalerweise kommt es nur selten in Frischwasser vor, weshalb die Bakterien nicht zwangsläufig schädlich sind. Bromid ist aber zum Beispiel in Herbiziden enthalten, die zur Bekämpfung von Hydrilla eingesetzt werden, und wird auch bei der Kohleverstromung eingesetzt. "Unsere Studie ist ein faszinierendes und gleichzeitig mahnendes Beispiel dafür, welche unvorhersehbaren Auswirkungen es haben kann, wenn der Mensch in die Natur eingreift", sagt Niedermeyer abschließend.
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