Die Gene hinter den Giften: Neue Technik revolutioniert die Giftforschung
Neue Technik macht es möglich zu zeigen, wie sich die einzigartige Giftproduktion einer Vielzahl von Gifttieren zusammensetzt
Arie van der Meijden
Einer Gruppe von Wissenschaftlern der VU Amsterdam und der Universität Porto, die mit dem Naturalis Biodiversity Center und der Universität Leiden zusammenarbeiten, ist es gelungen, die Baupläne für Proteine im Skorpiongift zu finden. Diese Baupläne spiegeln genau wider, welche Gene bei der Produktion des Giftes aktiv sind.
Die Giftdrüse
Die verwendete Technik nennt sich Transkriptomik. Dabei handelt es sich um eine Methode, bei der die Muster der Genexpression untersucht werden können. So können die Forscher beobachten, welche Gene bei der Produktion von Gift aktiv sind. Das Besondere an diesem Ansatz ist, dass die Technik zum ersten Mal erfolgreich am eigentlichen Gift und nicht am Giftdrüsengewebe angewendet wurde. Das bedeutet, dass keine Tiere mehr geopfert werden müssen, um die Genexpression in der Giftdrüse zu untersuchen. Die Methode bietet viele neue Möglichkeiten für die Giftforschung.
Welche Gene sind aktiv?
"Dank dieser Technik können wir sehr genau sehen, welche Gene zu verschiedenen Zeitpunkten während der Giftproduktion aktiv sind", sagt Freek Vonk, Professor an der VU und Forscher bei Naturalis. "Diese Momentaufnahme bietet erstmals die Möglichkeit zu untersuchen, wie verschiedene Einflüsse wie Ernährung, Jahreszeit und Alter die Giftproduktion in einem einzelnen Individuum beeinflussen."
Damit ist es nun möglich zu untersuchen, welche Variationen im Gift existieren und welche Faktoren diese Variationen beeinflussen können. "Jedes Gift enthält Dutzende bis mehr als Hunderte verschiedener giftiger Substanzen, auch Toxine genannt, die von der Giftdrüse produziert werden. Diese können nach einem Biss oder Stich toxisch auf verschiedene Systeme wirken, etwa auf die Nervenenden oder den Blutkreislauf", erklärt Vonk.
Zellreste
"Gift wird von Gifttieren auf unterschiedliche Weise produziert", erklärt Mátyás Bittenbinder, Giftexperte und Doktorand bei Naturalis und an der VU. "Einige Tiere, wie Schlangen und Tausendfüßler, haben giftproduzierende Zellen, die ihr Gift in kleinen Bläschen an den Speicherraum in der Giftdrüse abgeben, was zu einem relativ 'sauberen' Gift führt. Andere Tiere, wie z. B. Skorpione, lassen ihre Giftdrüsenzellen im Giftspeicherraum stückweise "abschneiden" oder sogar ganz zerfallen und produzieren daher ein Gift, das viele Zellreste enthält. Diese Zellreste enthalten die Substanzen, an denen wir Transkriptomik betreiben können: Wir kartieren, welche Gene aktiviert werden, um welche Proteine zu produzieren", so Bittenbinder weiter.
"Die Art der Giftproduktion erklärt wahrscheinlich, warum die neue Technik bei Schlangen nicht funktioniert", erklärt Arie van der Meijden. Er ist Forscher an der Universität von Porto und der Erfinder des innovativen Ansatzes. "Andererseits ermöglicht die Technik nun die Untersuchung der Giftvariationen bei einer großen Zahl von Gifttieren, die bisher kaum oder gar nicht untersucht wurden, wie Skorpione, Fische und sogar das Schnabeltier".
Bessere Erforschung der Zusammensetzung von Giften
Außerdem ist die Methode viel einfacher, reiner und spezifischer als die bisher verwendeten Techniken zur Erforschung von Giften. "Dadurch können wir noch besser erforschen, wie Tiere Gift produzieren. Und das ist besonders nützlich, denn die Toxine im Gift sind eine wichtige Quelle für die Suche nach neuen, potenziellen Medikamenten, etwa zur Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen", betont Van der Meijden.
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