Mit T-Zellen gegen bösartige Hirntumoren

„Wir haben hier im experimentellen Modell erstmals gezeigt, dass eine neoantigen-spezifische TZR-transgene Zelltherapie gegen Gliome wirken kann"

17.11.2021 - Deutschland

Ärzte und Wissenschaftler vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) und von der Medizinischen Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg haben in einem experimentellen Modell an Mäusen erstmals erfolgreich eine neoantigen-spezifische transgene Immunzelltherapie gegen bösartige Hirntumoren erprobt.

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Symbolbild

Zelluläre Immuntherapien, die sich gezielt gegen bösartige Tumoren richten, gelten als erfolgsversprechender Ansatz in der Krebsmedizin. Die Grundvoraussetzung für eine solche gezielte Immuntherapie ist jedoch, Zielmoleküle zu finden, die ausschließlich auf den Tumorzellen vorkommen und die vom Immunsystem erkannt werden.

Bösartige Gliome sind unheilbare Hirntumoren, die sich im Gehirn ausbreiten und operativ nicht vollständig entfernt werden können. „Gerade bei den sehr schwer zu behandelnden Gliomen ist der Mangel an geeigneten Zielstrukturen eine große Herausforderung für die Entwicklung von Immuntherapien", sagt Lukas Bunse, Wissenschaftler am DKFZ und Arzt an der Universitätsmedizin Mannheim (UMM).

Mit seinem Team konnte der Immunologe nun erstmals an einem experimentellen Mausmodell zeigen, dass eine Therapie mit transgenen T-Zellen, die gegen ein so genanntes Tumor-Neoepitop gerichtet sind, Gliome bekämpfen kann.

Tumor-Neoepitope entstehen als Folge genetischer Mutationen in Krebszellen, die zu strukturellen Veränderungen der abgelesenen Proteine führen. Sie sind daher ausschließlich in den Krebszellen vorhanden. Als aussichtsreiche Zielstruktur für T-Zell-Attacken wählten Bunse und sein Team mithilfe eines Vorhersagemodells einen Abschnitt aus dem CIC-Protein (capicua transcriptional repressor) aus, das bei etwa zwei Prozent aller Gliome eine wiederkehrende Mutation aufweist.

Mäuse, die mit dem CIC-Neoepitop geimpft wurden, entwickelten eine Population von T-Helfer-Zellen, die auf das Impfpeptid mit starker Aktivierung reagierten. Aus besonders aktiven T-Zellen isolierten die Forscher das Gen für den T-Zell-Rezeptor (TZR), der für die Epitop-Erkennung zuständig ist.

Das isolierte T-Zell-Rezeptor-Gen übertrugen die Wissenschaftler anschließend auf Zellen und konnten so in der Kulturschale in großer Menge „transgene" T-Zellen heranziehen, die alle den identischen, gegen das CIC-Neoepitop gerichteten hochaktiven T-Zell-Rezeptor trugen.

Um deren Wirksamkeit zu prüfen, injizierten die Forscher die transgenen Zellen direkt in die Hirnventrikel von Gliom-tragenden Mäusen. In einigen Mäusen führte die T-Zell-Therapie in Kombination mit einer Strahlentherapie zu einer Abstoßung der Gliome.

„Wir haben hier im experimentellen Modell erstmals gezeigt, dass eine neoantigen-spezifische TZR-transgene Zelltherapie gegen Gliome wirken kann," erklärt Michael Kilian, Erstautor der Studie und ergänzt: „Solche Neoepitop-spezifischen TZR-transgenen T-Zellen könnten in Zukunft bei Krebserkrankungen eingesetzt werden, die nicht mit CAR-T-Zellen behandelt werden können."

CAR-T-Zellen, die bereits zur Behandlung von Patienten mit B-Zell-Leukämien zugelassen sind, können sich nur gegen Tumorantigene richten, die direkt auf der Oberfläche der Krebszellen ausgebildet sind. Solche Proteine kommen aber in der Regel nicht ausschließlich auf Tumorzellen vor, so dass CAR-T-Zellen auch gesunde Gewebe schädigen können.

Im Gegensatz dazu können sich die TZR-transgenen T-Zellen auch gegen krebstypisch mutierte Proteine aus dem Zellinneren richten. Denn die Fragmente vieler Eiweiße aus dem Zellinneren werden von speziellen Präsentationsmolekülen, den MHC-Proteinen, auf der Zelloberfläche zur Schau gestellt. Die meisten T-Zellen reagieren ausschließlich auf Antigene, die von MHC-Molekülen präsentiert werden. Um also Ergebnisse zu erzielen, die sich auf den Menschen übertragen lassen, musste das Team um Lukas Bunse mit Mäusen arbeiten, die mit menschlichen MHC-Molekülen ausgestattet waren.

„Unsere Arbeit legt nahe, dass TZR-transgene T-Zellen auch bei Hirntumoren therapeutisch eingesetzt werden können", resümiert Michael Platten, Leiter der Klinischen Kooperationseinheit Neuroimmunologie und Hirntumorimmunologie am DKFZ und Ärztlicher Direktor der Neurologischen Klinik an der Universitätsmedizin Mannheim. Mit vergleichbaren Ansätzen wollen die Neuro-Onkologen um Michael Platten und Wolfgang Wick, Ärztlicher Direktor der Neurologischen Klinik der Medizinischen Fakultät Heidelberg, die TZR-transgene T-Zelltherapie weiterentwickeln und in frühen klinischen Studien erproben.

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