Tropenfrösche ermöglichen neue Erkenntnisse zu unheilbarer Nierenkrankheit
Künstliche Intelligenz analysiert Daten aus Lichtblattmikroskopie
Soeren Lienkamp
Die Anatomie und die Funktion der Organe von Fröschen sind denjenigen von Menschen verblüffend ähnlich. Ein internationales Team unter der Leitung von Soeren Lienkamp, Professor am Anatomischen Institut der UZH, hat sich dies zunutze gemacht und den Tropenfrosch Xenopus tropicalis für die Modellierung menschlicher Erbkrankheiten eingesetzt. Dabei haben sich die Forschenden auf die polyzystische Nierenerkrankung konzentriert – eine angeborene und derzeit unheilbare Form des fortschreitenden Nierenverfalls – und diese in Fröschen nachgebildet.
Krankheitsprozesse in Echtzeit beobachten
Mithilfe der CRISPR/Cas9-Methode haben die Wissenschaftler gezielt Gene ausgeschaltet, die bei Patientinnen und Patienten mit zystischer Nierenerkrankung eine Rolle spielen. «Unsere neuartigen Froschmodelle entwickeln innerhalb weniger Tage Zysten in den Nieren, so dass wir zum ersten Mal beobachten können, wie diese Krankheitsprozesse in Echtzeit ablaufen», sagt der Erstautor Thomas Naert. Während die meisten genetischen Studien an Mäusen durchgeführt werden, haben Frösche Eigenschaften, die sich für Untersuchungen in grösserem Massstab eignen. «Ein Froschpaar kann Hunderte oder sogar Tausende von Eiern produzieren», so Naert. «Deshalb schwärmen die Kaulquappen im Frühling in den Seen in so grosser Zahl aus.» In vergleichbarer Weise lassen sich im Labor grosse Mengen von Xenopus-tropicalis-Kaulquappen so verändern, dass sie die zu untersuchenden zystischen Nierenkrankheiten entwickeln.
Künstliche Intelligenz analysiert Daten aus Lichtblattmikroskopie
Um die Analyse dieser grossen Anzahl Tiere zu bewältigen, nutzte das Team Lichtblattmikroskopie – eine Technik, die eine 3D-Rekonstruktion der gesamten Kaulquappe und aller ihrer Organe ermöglicht. Ähnlich wie bei der Magnetresonanztomographie lässt sich das Gewebe der Kaulquappen mit der Lichtblatttechnik virtuell durchleuchten, um zu den erkrankten Organen vorzudringen. Die gesammelten Daten verarbeiteten die Forschenden mithilfe von künstlicher Intelligenz, was eine schnelle, automatisierte Beurteilung der Krankheit erlaubt. «Während mein Team sonst Tage bis Wochen brauchte, um die Daten von Hunderten von Kaulquappen zu analysieren, kann künstliche Intelligenz diese Aufgabe jetzt in wenigen Stunden leisten», sagt Lienkamp.
Anhand der so analysierten Froschmodelle lassen sich neue Erkenntnisse über die frühen Prozesse der polyzystischen Nierenerkrankung gewinnen. Das ist die Grundlage für die Entwicklung neuer Versorgungsansätze für die betroffene Patientinnen und Patienten.
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