Kombinierte Tumorimpfung verstärkt krebsabtötende Immuneffekte
Wirkmechanismus der Mischimpfung gegen Krebs aufgedeckt
Das Prinzip der Immuntherapie, bei der das körpereigene Abwehrsystem gegen einen Tumor scharfgemacht werden soll, ist bereits mehr als hundert Jahre alt. Parallel verfolgt die Forschung seit langer Zeit das Konzept der Krebsimpfung, welche die Wirkung der Immuntherapie zusätzlich befeuern soll, indem sie den Abwehrzellen einen – von allen schädlichen Eigenschaften befreiten - Tumorbestandteil präsentiert. Wissenschafter um Guido Wollmann, Leiter des Christian-Doppler-Forschungslabors für Virale Immuntherapie gegen Krebs am Institut für Virologie der Medizinischen Universität Innsbruck, haben zusammen mit Kooperationspartnern die Mechanismen geklärt, die hinter der verbesserten Ansprechrate auf so genannte heterologe Tumorimpfungen stecken.
Drei starke Effekte der Mischimpfung
„Wir wollten untersuchen, ob ein Mehrwert erzeugt werden kann, wenn wir unser reines onkolytisches Virus VSV-GP mit dem auf einem Protein basierenden Krebsvakzin KISIMA-TAA des Genfer Start-ups AMAL Therapeutics kombinieren“, schildert Wollmann die Ausgangslage des Projektes vor vier Jahren. Der erwünschte Synergie-Effekt blieb jedoch aus, woraufhin die Innsbrucker Wissenschafter ihre verwendete tumorabtötende Virusvektor-Impfung VSV-GP mit dem in KISIMA-TAA ebenfalls vorhandenen Fragment der Erbinformation eines Tumors zu VSV-GP-TAA aufrüsteten und das Virus damit zugleich als Genfähre benutzten. Die Krebsexperten testeten die Wirkweise der Kombinationsimpfung in vier verschiedenen Tumormodellen und damit in deutlich mehr als bisherige Publikationen. Die Modelle repräsentierten jeweils unterschiedliche Tumorarten beim Menschen. Zudem wurden auch verschiedene Tumor-Antigen-Klassen (z.B. Virusantigene oder jene von Tumormutationen) adressiert. Dabei stellte sich heraus, dass die günstigste Kombination in einer Erstimpfung (Primer) mit der Proteinplattform KISIMA und der Auffrischung (Booster) mit der Virusvektor-Impfung besteht. Im Wesentlichen konnten dadurch drei positive Effekte erzielt werden:
1. Die T-Zellen (sog. Wächterzellen) zeigen sich deutlich potenter und polyfunktioneller, indem sie beispielsweise wesentlich mehr Zytokine und weitere Substanzen zur Tumorabtötung freisetzen. In der Verteilung der T-Zellen-Phänotypen gibt es eine Entwicklung hin zu mehr langlebigen Wächterzellen mit Gedächtnisfunktion.
2. Bei der Injektion eines onkolytischen Virusvektor-Vakzins kommt es zu einer Infektion im Inneren des Tumors. Das Immunsystem nimmt das Virus als Pathogen wahr. „Tumore haben tendenziell ein immunhemmendes Umfeld. Die Virusinfektion öffnet die Tore zum Tumor. Wir haben gesehen, dass es in der heterologen Kombination zur stärksten Einwanderung von zytotoxischen T-Zellen, zur starken Infiltration mit dendritischen Zellen sowie zu einer Repolarisierung der Fresszellen vom hemmenden Typ hin zu aktivierten Fresszellen“, erläutert Wollmann.
3. Am Modell eines Tumors, der von Vornherein bisher nicht auf die Immuntherapie anspricht, stellte sich heraus, dass die Effekte der Mischimpfung durch die zusätzliche Gabe der Checkpoint-Inhibitor-Therapie (Immuntherapie-Art, Anm.) verstärkt werden.
Für ihre Analyse der T-Zellen in Qualität und Quantität zogen die Forscher die Methode der Durchflusszytometrie heran. Nach den unterschiedlichen Behandlungsstrategien erhoben sie außerdem jeweils ein Genexpressionsprofil, das veranschaulichte, welche Gene hoch- bzw. herunterreguliert werden.
Bedeutung und Ausblick
„Unsere Studie hat wissenschaftliche Grundlagen gesetzt, welche die Vorteile der heterologen Vakzin-Kombination aufzeigen und das mit zwei Plattformen, die sich schon in fortgeschrittener präklinischer bzw. klinischer Entwicklung befinden. Daher ist ein zeitnaher Beginn der klinischen Testphase der Mischimpfung mit KISIMA-TAA und VSV-GP-TAA geplant“, stellt Wollmann in Aussicht. An der Studie waren neben Wollmanns Christian-Doppler-Labor und AMAL Therapeutics, das Innsbrucker Biotech-Startup Viratherapeutics, ein Team um den Pathologen Lukas Kenner (Department für Experimentelle Pathologie, Medizinische Universität Wien und Institut für Pathologie der Veterinärmedizinische Universität Wien) sowie das pharmazeutische Unternehmen Boehringer Ingelheim beteiligt.
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