Viren hinterlassen ihre Spuren auch lange nach der Infektion

Genetisches Profil der geheilten Zellen blieb verändert

26.08.2021 - Schweiz

Nicht immer töten Viren die befallenen Körperzellen. Forschende der Universität Basel haben in Versuchen mit Mäusen festgestellt, dass Zellen über Selbstheilungskräfte verfügen, um Viren zu eliminieren. Jedoch tragen sie langfristige Veränderungen davon. Die Erkenntnisse liefern womöglich einen Hinweis darauf, warum geheilte Hepatitis-C-Patienten noch jahrelang anfällig für Leberkrebs sind.

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Symbolbild

Viren brauchen die Infrastruktur von Körperzellen, um sich zu vermehren. Bei vielen Virusarten bedeutet das für die befallene Körperzelle letztlich das Ende, wenn sich ihre Membran auflöst und die neu gebauten Viren ausschwärmen, um neue Zellen zu befallen. Jedoch gibt es auch Viren, die die befallenen Zellen nicht abtöten – vermutlich mit dem Ziel, die Infektion möglichst lange aufrechtzuerhalten. Dazu zählen etwa die Hepatitis B- und C-Viren, die beim Menschen chronische Infektionen auslösen.

Bisher ging man grundsätzlich davon aus, dass solche Viren dauerhaft in den befallenen Körperzellen verweilen. Ein Forschungsteam um Prof. Dr. Daniel Pinschewer von der Universität Basel berichtet nun jedoch im «Journal of Experimental Medicine», dass dem nicht so ist. Für ihre Experimente verwendeten sie ein Maus-Virus namens Lymphozytisches Choriomeningitis-Virus (LCMV), das bei Mäusen – ähnlich dem Verlauf bei Hepatitis C – eine chronische Infektionen auslöst und auch die Leber befällt.

Virus eliminiert, aber nicht spurlos

Mit diesem Tiermodell konnten die Forscher nachweisen, dass das Virus nach einer gewissen Zeit wieder aus den befallenen Leberzellen verschwindet. Wie genau dies geschieht, ist noch ungeklärt. Jedoch konnten die Forscher ausschliessen, dass die Zellen dafür die Unterstützung von Immunzellen brauchen. «Die Leberzellen scheinen selbst über einen Mechanismus zu verfügen, ein Virus aus ihrem Inneren zu entfernen», sagt Dr. Peter Reuther, einer der beiden Erstautoren dieser Studie. Die chronische Infektion durch solche Viren beruhe also auf einem fortlaufenden Befall neuer Zellen.

Trotz der erstaunlichen Selbstheilungskräfte der Zellen geht die Infektion nicht spurlos an ihnen vorbei. Wie weitere Analysen zeigten, blieb das genetische Profil der geheilten Zellen verändert: Es wurden nicht mehr die gleichen Gene in gleicher Menge abgelesen wie bei Zellen, die keine Infektion durchgemacht hatten. Besonders betroffen von der Veränderung waren Gene in Zusammenhang mit der Zellteilung und dem Zellstoffwechsel. Wie lange diese Veränderungen fortbestehen, ist allerdings noch unklar.

Parallelen mit Hepatitis C

«Wir sehen da starke Parallelen mit anderen Studien bei geheilten Hepatitis C-Patienten. Ihre ehemals infizierten Leberzellen weisen Veränderungen am Erbgut auf, die die genetischen Programme beeinflussen», erläutert Dr. Katrin Martin, ebenfalls Erstautorin der Arbeit. Das lasse stark vermuten, dass sich die nun an Mäusen gewonnenen Erkenntnisse zumindest in wichtigen Punkten auf den Menschen übertragen liessen. «Man könnte spekulieren, dass diese langfristigen Veränderungen eine Ursache dafür sind, dass geheilte Hepatitis C-Patienten ein erhöhtes Leberkrebsrisiko haben.»

In weiteren Studien möchten die Forscher nun zum einen prüfen, ob solche Veränderungen an Genprogrammen nach vorübergehenden Virusinfektionen auch Zellen anderer Organe betreffen. Zum anderen wollen sie den Mechanismus aufklären, wie es den Körperzellen gelingt, Viren wieder loszuwerden.

«Aus medizinischer Sicht stellen sich nun zwei Fragen», fasst Pinschewer zusammen. «Wie kann man verhindern, dass sich diese Viren bei einer chronischen Infektion von Zelle zu Zelle fortpflanzen und somit eine Vielzahl an Zellen beeinträchtigen? Und kann man die Veränderungen des genetischen Profils rückgängig machen und dadurch Folgeschäden verhindern?» Nicht zuletzt betreffe die Frage nach langfristigen Veränderungen nach einer Virusinfektion auch andere Indikationen, wie zum Beispiel Asthma und Long-Covid.

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