Merck kooperiert mit Start-up bei Entwicklung von bioelektronischen Therapien der nächsten Generation
Merck KGaA
„Unser Ziel ist es, Impulse für Entwicklungen auf dem noch jungen Gebiet der Bioelektronik zu setzen, indem wir die neuartige Therapieform der selektiven Neurostimulation vorantreiben“, sagte Laura Matz, Chief Science and Technology Officer von Merck. „Durch die heutige Vereinbarung mit Innervia Bioelectronics erhält Merck Zugang zu einer einzigartigen Technologie, die Neurostimulatoren energieeffizienter macht und damit eine digitalisierte, auf den Patienten zugeschnittene Therapie schwerer und chronischer Erkrankungen wie Entzündungskrankheiten ermöglichen könnte.”
Im Rahmen der auf mehrere Jahre angelegten Zusammenarbeit wollen die beiden Partner diesen potenziellen Paradigmenwechsel bei der Behandlung von Erkrankungen mit hohem Therapiebedarf aktiv vorantreiben. Mit seinen Forschungsaktivitäten auf dem Gebiet der Bioelektronik sowie seiner Expertise in den Bereichen Data Science, Klinik, Zulassung und Qualität ist Merck bestens aufgestellt, um in naher Zukunft neuartige Geräte für Patienten auf den Markt bringen zu können. Innervia wird sein technisches Know-how in die Entwicklung von Graphenschnittstellen, Geräten und die Signalverarbeitung für klinische Anwendungen einbringen. Zu Beginn werden sich die Partner auf entzündliche, metabolische und endokrine Erkrankungen konzentrieren und dabei die vielversprechenden Eigenschaften von Graphen in Sachen Miniaturisierung, Präzision und Effizenz bei der Modulation des Vagusnerven zur Anwendung bringen.
„Diese Partnerschaft unterstreicht, wie wichtig es ist, dass Schlüsselakteure in ihren jeweiligen Bereichen ihre Stärken bündeln, um graphenbasierte Elektrotherapien mittels minimalinvasiver Technologien und präziser Signalkodierung für Patienten mit beeinträchtigenden, systemischen, chronischen Erkrankungen zu entwickeln“, sagte Jurriaan Baker, CTO von Innervia Bioelectronics. „Unser gemeinsames Ziel ist es, die Therapieergebnisse für diese Patienten zu verbessern, die meist nur wenige Informationen über ihren Erkrankungszustand und geringen Einfluss auf ihren Therapieweg haben”, fügte Carolina Aguilar, Mitgründerin und CEO von Inbrain Neuroelectronics, hinzu.
„Bioelektronische Geräte sind in der Lage, direkt mit dem Nervensystem zu kommunizieren. Die Aufzeichnung von Nervensignalen und deren Kombination mit anderen zugänglichen physiologischen Daten wird zu einem besseren Verständnis von Krankheiten führen und eine personalisierte Therapie ermöglichen“, sagte Robert Spoelgen, Leiter Bioelectronics, Merck Innovation Center. „Wir sind überzeugt davon, dass bioelektronische Geräte in der künftigen Therapielandschaft eine wesentliche Rolle spielen werden.“
Eine gestörte und fehlgesteuerte Weiterleitung von Nervensignalen tritt bei zahlreichen schweren chronischen Erkrankungen auf. Im Rahmen bioelektronischer Therapien kommen kleine, implantierbare Geräte zum Einsatz, die elektrische Nervenimpulse im Körper modulieren, um dadurch ein breites Spektrum an chronischen Erkrankungen zu behandeln. Darüber hinaus wird erwartet, dass Neurostimulatoren mit immer mehr smarten Zusatzfunktionen – etwa zum kontinuierlichen Auslesen, der Analyse und Übertragung von Daten – ausgestattet werden, wodurch sich der Energieverbrauch erhöht. Gleichzeitig werden die Geräte aber immer kleiner. Diese Trends bedeuten eine enorme Herausforderung für die Energieversorgung der Geräte. Hinzu kommt, dass bestimmte Erkrankungen aufgrund ihrer spezifischen Eigenschaften eine Stimulation mit besonders hohem und konstantem Energiebedarf erfordern. Mit den derzeitigen Technologien gestaltet sich die Entwicklung wirksamer Neurostimulationstherapien für diese Indikationen äußerst schwierig.
Zur Lösung des Energieversorgungsproblems ist es daher vor allem wichtig, die Energieeffizienz der Geräte zu steigern, da Alternativen wie das sogenannte Energy Harvesting noch unausgereift sind und von Anwendungen in der klinischen Praxis noch weit entfernt sind. Reduziertes Graphenoxid (rGO) weist ideale Materialeigenschaften auf, um den Energieverbrauch bei gleichbleibender Stimulationswirksamkeit deutlich zu senken. Erreicht wird dies durch eine hohe Ladungsinjektionsgrenze in Kombination mit einer im Vergleich zu allen anderen verfügbaren Elektrodenmaterialien sehr niedrigen Impedanz. Das zu den zweidimensionalen Materialien gehörende Graphen wurde 2004 erstmals isoliert und besteht aus einer einfachen Lage Kohlenstoffatome, die in einem hexagonalen Gitter angeordnet sind. Graphen gilt als der stabilste bekannte Stoff und ist rund 100 Mal belastbarer als Stahl. Innervias Technologie macht sich die Leistungsfähigkeit von Graphen und dessen einzigartige elektrische und thermische Leitfähigkeit zunutze. Derzeit werden die vielfältigen Eigenschaften des Materials weiter erforscht.
In das Innovationsfeld Bioelectronics von Merck fließen die Erfahrung und das Know-how aus den Unternehmensbereichen Healthcare und Electronics ein. Diese Kooperationsvereinbarung ergänzt eine kürzlich bekannt gegebene Partnerschaft zwischen Merck, B. Braun und dessen Start-up neuroloop GmbH, bei der die Einsatzfähigkeit von Neurostimulatoren für die gezielte Behandlung von Indikationen mit hohem Therapiebedarf untersucht werden soll.
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