Experimenteller Ansatz zur Genregulierung senkt Menge an „Tau“-Protein im Gehirn und könnte vor Alzheimer schützen

Zink-Finger-Technologie als Ansatzpunkt für zukünftige Therapien

25.03.2021 - Deutschland

Forschende des DZNE, des Massachusetts General Hospitals (USA) und des Genom-Medizinunternehmens Sangamo Therapeutics haben in Laborstudien einen neuartigen Genregulations-Ansatz zur Behandlung von Hirnerkrankungen wie Alzheimer getestet. Dieser beruht auf sogenannten Zink-Finger-Proteinen, die gezielt an die DNA des Eiweißes „Tau“ binden ohne diese zu verändern. Auf diese Weise drosseln sie die Tau-Produktion im Gehirn, wodurch Nervenschädigungen verhindert werden. Die im Fachjournal „Science Advances“ veröffentlichten präklinischen Ergebnisse könnten die Grundlage für neue Therapien legen.

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Symbolbild

Das Tau-Protein spielt eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung von Krankheiten wie Alzheimer und Frontotemporaler Demenz. Im gesunden Gehirn dient es zur Stabilisierung des Gerüsts der Nervenzellen. Häuft es sich aber ungebunden innerhalb der Zellen an, kommt es zur Zerstörung von Synapsen und damit zum Tod der betroffenen Nervenzellen. Die Folge ist ein zunehmender Verlust der kognitiven, motorischen und psychologischen Fähigkeiten.

Die nun in „Science Advances“ veröffentlichten neuen Forschungsergebnisse zeigen, dass eine gentherapeutische Behandlung mit Zink-Finger-Protein-Transkriptionsfaktoren (ZFP-TFs) eine anhaltende Reduktion des Tau-Proteins im Gehirn von Mäusen bewirkt. Eine einmalige Verabreichung von Tau-gerichteten ZFP-TFs verringerte über einen Zeitraum von 11 Monaten – dem längsten untersuchten Zeitraum – den Tau-Spiegel um 50 bis 80 %. Die nun von den Forschern angewendet Zink-Finger-Technologie wurde von Sangamo Therapeutics, Inc. entwickelt. Sie könnte der Ausgangspunkt für eine neue Generation von Behandlungen gegen sogenannte Tauopathien wie die Alzheimer-Krankheit und die Frontotemporale Demenz sein.

Präklinische Studien zeigen hohe Wirksamkeit ohne offensichtliche Nebenwirkungen

Laut Susanne Wegmann, Arbeitsgruppenleiterin am Berliner Standort des DZNE, deuten die bei den Mäusen durchgeführten Versuche darauf hin, dass Nervenzellen und Synapsen gegen die frühe toxische Wirkung von Amyloid-Beta geschützt sind, wenn das Tau durch darauf gerichtete Zink-Finger-Proteine reduziert wurde: „Tau-Proteine können unter bestimmten Bedingungen, wie sie zum Beispiel bei einer Alzheimer-Erkrankung auftreten, wie ein Zellgift wirken. Deshalb arbeitet man an verschiedenen Ansätzen, um ihre Menge im Gehirn zu verringern“, erläutert Wegmann. Nervenschädigungen treten zuerst in der Umgebung sogenannter Amyloid-Plaques auf, die – neben Tau – die andere Art von Protein-Aggregationen sind, die typischerweise in den Gehirnen von Alzheimer-Erkrankten gefunden werden. Dies konnten die Forschenden um die Berliner Neurowissenschaftlerin durch das neue Verfahren nun unterbinden. „Nervenzellen produzieren normalerweise Tau-Proteine. Mit Hilfe dieser Zink-Finger-Technologie konnten wir nun deren Produktion nachhaltig herunterfahren, und dadurch die toxischen Auswirkungen der Plaques deutlich verringerns“,erläutert Wegmann die hohe Wirksamkeit des Verfahrens.Von zusätzlicher Bedeutung ist dabei noch die Tatsache, dass die dauerhafte Tau-Reduzierung im Gehirn der Mäuse keine offensichtlichen Nebenwirkungen oder Veränderungen der Gewebestruktur verursachten. 

Zink-Finger-Technologie als Ansatzpunkt für zukünftige Therapien am Menschen

Das neu entwickelte Verfahren basiert auf der Nutzung sogenannter Zink-Finger-Proteine, die innerhalb der Zelle sehr spezifisch an bestimmte Gen-Sequenzen binden – und zwar an genau diejenigen, die den genetischen Code für das Tau-Protein enthalten. So wird das Ablesen dieser Sequenzen, und infolgedessen die Produktion des Tau-Proteins blockiert; im Ergebnis sinkt seine Gesamtmenge um 50-80%. Im Gegensatz zur sogenannten CRISPR/CAS-Methode verändern die Zink-Finger-Proteine dabei nicht das Erbgut der Zellen.

Die Nervenzellen produzieren das Zink-Finger-Protein nicht von Natur aus, sondern werden mit einem biotechnologischen Kniff dazu gebracht – indem man den Bauplan für diese Substanz mit ungefährlichen sogenannten Vektor-Viren in die Zellen schleust. Diese „Adeno-assoziierten Viren“ lösen keine Erkrankungen aus und können sich nicht vermehren oder ausbreiten, sondern dienen nur als nützliches Vehikel für den Transport des genetischen Bauplans für die Zink-Finger-Proteine an den Bestimmungsort im Gehirn. Die natürliche Maschinerie der Zelle stellt anschließend die Proteine her – und zwar über einen langen Zeitraum in genau der Form, die zur Blockierung des Tau-Gens benötigt wird. Auf diese Weise reicht bereits eine einzige Behandlung aus, um das Tau-Protein langfristig zu reduzieren.

Die aktuell ermutigenden Ergebnisse dienen als Grundlage für die Weiterentwicklung der Technologie und für klinische Forschung am Menschen. Der US-Pharmakonzern Biogen hat mit Sangamo ein globales Kooperationsabkommen geschlossen, und bereitet auf dieser Grundlage klinische Studien vor.

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