53 Prozent der Beschäftigten bekommen Weihnachtsgeld
"Angesichts von Einkommenseinbußen in der Krise ist das Weihnachtsgeld besonders wichtig"
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„Am höchsten stehen die Chancen auf ein Weihnachtsgeld, wenn das Unternehmen an einen Tarifvertrag gebunden ist, das gilt auch und gerade in diesem von der Corona-Pandemie geprägten Jahr“, sagt der Leiter des WSI-Tarifarchivs, Prof. Dr. Thorsten Schulten. Mit Tarifvertrag bekommen nach den Daten von Lohnspiegel.de 77 Prozent der Beschäftigten Weihnachtsgeld, verglichen mit nur 41 Prozent in Betrieben ohne Tarifvertrag. „Angesichts von Einkommenseinbußen in der Krise ist das Weihnachtsgeld besonders wichtig. Millionen von Beschäftigten waren oder sind in Kurzarbeit, da ist das Weihnachtsgeld als Beitrag zur Stabilisierung der Einkommen von großer Bedeutung“, so Schulten. „In Krisensituationen schützen bindende tarifliche Regelungen zudem am besten davor, dass der Arbeitgeber die Sonderzahlung ersatzlos streicht.“ In einigen Tarifbranchen wie z.B. der Metall- und Elektroindustrie wurde in diesem Jahr die Möglichkeit eröffnet, das Urlaubs- und Weihnachtsgeld anteilig auf die monatlichen Einkommen zu übertragen, um im Fall von Kurzarbeit ein höheres Kurzarbeitergeld zu erhalten.
Neben der Tarifbindung lassen sich eine Reihe weiterer Merkmale identifizieren, die die Chancen auf Weihnachtsgeld erhöhen:
- West/Ost: Nach wie vor gibt es bedeutsame Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland. In Westdeutschland bekommen 55 Prozent, in Ostdeutschland nur 42 Prozent der Befragten Weihnachtsgeld. Dies hängt auch damit zusammen, dass die Tarifbindung in Ostdeutschland deutlich niedriger ist als im Westen.
- Männer/Frauen: Frauen erhalten seltener Weihnachtsgeld als Männer. Bei den Frauen sind es 50 Prozent, bei den Männern dagegen 55 Prozent.
- Befristet/unbefristet: Auch Beschäftigte mit einem befristeten Vertrag können sich seltener über Weihnachtsgeld freuen. Von ihnen bekommen 45 Prozent die Sonderzahlung. Bei Beschäftigten mit unbefristeter Anstellung sind es dagegen 54 Prozent.
- Vollzeit/Teilzeit: Bei Vollzeitbeschäftigten ist der Erhalt von Weihnachtsgeld mit 54 Prozent deutlich wahrscheinlicher als bei Teilzeitbeschäftigten, von denen nur 48 Prozent eine entsprechende Sonderzahlung erhalten.
Insgesamt sehen in den meisten Wirtschaftszweigen die geltenden Tarifverträge Weihnachtsgeld vor. Dies zeigt die aktuelle Auswertung des WSI-Tarifarchivs von 23 großen Branchen. Das tarifliche Weihnachtsgeld wird überwiegend als fester Prozentsatz vom Monatseinkommen berechnet. Die in den einzelnen Tarifverträgen festgelegten Prozentsätze haben sich im Vergleich zu den Vorjahren kaum verändert. In den Branchen, in denen in diesem Jahr Lohnerhöhungen vereinbart wurden, sind auch die tariflichen Weihnachtsgelder entsprechend gestiegen.
Ein vergleichsweise hohes Weihnachtsgeld erhalten unter anderem die Beschäftigten im Bankgewerbe, in der Süßwarenindustrie, in der chemischen Industrie, bei der Deutschen Bahn, in der Druckindustrie, in der Papier und Pappe verarbeitenden Industrie sowie in der Textilindustrie (Westfalen), bei denen die Jahressonderzahlung zwischen 95 bis 100 Prozent eines Monatseinkommens liegt. Es folgen unter anderem die Bereiche Versicherungen (80 Prozent), Einzelhandel (West: vorwiegend 62,5 Prozent) sowie Metallindustrie (überwiegend 55 Prozent). In der Eisen- und Stahlindustrie und im öffentlichen Dienst sind Urlaubs- und Weihnachtsgeld zu einer Gesamt-Jahressonderzahlung zusammengefasst, die im November gezahlt wird. Diese beträgt in der Eisen- und Stahlindustrie 110 Prozent eines Monatsgehalts, im öffentlichen Dienst (Gemeinden) je nach Vergütungsgruppe zwischen 52 und 80 Prozent in Westdeutschland und zwischen 46 und 70 Prozent in Ostdeutschland. Unter den großen Tarifbranchen wird lediglich im Gebäudereinigerhandwerk kein Weihnachtsgeld gezahlt. „In der gerade zu Ende gegangenen Tarifauseinandersetzung in dieser Branche haben sich die Arbeitgeber erneute geweigert, hierüber zu verhandeln“, erklärt WSI-Tarifexperte Schulten.