Neuer Ansatzpunkt zur Entwicklung von Antibiotika sowie Immun- und Krebs-Therapeutika

ABC-Transporter spielen eine essentielle, bisher unbekannte Funktion bei der Biosynthese von NRPS Produkten

09.10.2020 - Österreich

Antibiotika sowie wichtige Therapeutika zur Behandlung von Krebs- und Immunkrankheiten werden von Mikroorganismen mittels sog. Nicht-ribosomale Peptidsynthetasen (NRPS) und Polyketidsynthetasen (PKS), hergestellt. Ein internationales Forschungsteam unter Leitung der Vetmeduni Vienna hat kürzlich nachgewiesen, dass ABC-Transporter eine essentielle, bisher unbekannte Funktion bei der Biosynthese von NRPS Produkten spielen. Die präsentierten genetischen und biochemischen Daten geben Aufschluss über einen neuen Aspekt der Biosynthese von für die Human- und Veterinärmedizin wichtigen mikrobiellen Sekundärmetaboliten – mit praktischer Relevanz für die Entwicklung neuer Medikamente.

Agnieszka Gacek-Matthews

Modell der Zellmembran mit dem, für die Cereulid-Biosynthese verantwortlichen, Proteinkomplex aus ABC Transporter CesCD (grün) und NRPS CesAB (rot). Abb. unten: Fluoreszenzmikroskopische Aufnahme des Cereulid-Biosynthesekomplex CesC (grün) and CesA (rot). Dargestellt sind die überlagerten Images (gelb).

Nicht-ribosomale Peptidsynthetasen (NRPS) spielen eine zentrale Rolle bei der Herstellung bioaktiver Naturstoffe. NRPS sind multimodulare bakterielle und pilzliche Megaenzyme, die für die Synthese verschiedener bioaktiver Naturstoffe wie Antibiotika (z.B. Penicillin und Vancomycin), Antitumormittel (z.B. Bleomycine und Cryptophycine), Immunsupessiva (z.B. Cyclosporin A), aber auch von Toxinen (z.B. Microcystine und Cereulid) verantwortlich sind. Daher ist es von großer Bedeutung, den Mechanismus dieser enzymatischen In-vivo-Maschinen besser zu verstehen. Denn trotz ihrer biomedizinischen und pharmazeutischen Bedeutung, sind die molekularen Strukturen und Mechanismen dieser komplexen, zellulären Naturstoffsynthesemaschinen bislang nur teilweise bekannt.

ABC-Transporter, ein essentieller Baustein der Biosynthese des Depsipeptids Cereulid

Im Rahmen einer, unter Federführung von Monika Ehling-Schulz, Leiterin des Instituts für Mikrobiologie der Vetmeduni Vienna, erstellten Studie gelang es einem internationalem Forschungsteam zu zeigen, dass ein ABC-Transporter einen essentiellen und integralen Bestandteil einer nicht-ribosomalen Peptid-Biosynthesemaschinerie, der sog. Cereulid (Ces)-Synthetase, bildet. Die Ces Synthetase des emetischen Bakterium Bacillus cereus, ist für die Bildung des Depsipeptidtoxins Cereulid, das Lebensmittelvergiftungen hervorruft, verantwortlich.

Die Forscher konnten kürzlich nachweisen, dass die Anheftung der CesAB-Synthetase an die Zellmembran durch den ABC-Transporter CesCD für die Assemblierung von Cereulid entscheidend ist. In-vivo-Studien zeigten, dass CesAB zusammen mit CesCD an der Zellmembran ko-lokalisiert. Diese Ergebnisse weisen auf eine direkte Beteiligung des ABC-Transporters an der Biosynthese eines nicht-ribosomalen Peptids hin. „Unsere Studien zeigen, dass Mutation in dem ABC-Transporter cesCD zu einer verminderten Interaktion von CesCD und CesAB führen, wodurch die Cereulidbiosynthese inhibiert wird. Zudem konnten wir spezifische Domänen innerhalb der CesAB-Synthetase identifizieren, die mit CesC interagieren und somit einen ersten Einblick in die molekularen Grundlagen der Interaktion eines ABC Transporters und einer NRPS gewinnen“, so die Erstautorin Agnieszka Gacek-Matthews. Darüber hinaus konnten die Wissenschafter zeigen, dass ein strukturell ähnlicher ABC-Transporter eines anderen Bakteriums die Funktion des B. cereus ABC-Transporters CesCD bei der Cereulid-Biosynthese übernehmen kann. Diese Ergebnisse sind ein Hinweise darauf, dass die hier erstmalig beschriebene direkte Beteiligung des ABC-Transporters an der Biosynthese von Sekundärmetaboliten ein weit verbreiteter Mechanismus sein könnte.

Hohe Relevanz für die Suche nach neuen Therapeutika

Die neuen Erkenntnisse über die Biosynthese von Naturstoffen könnten laut Ehling-Schulz die Entdeckung neuer Metaboliten mit bioaktivem Potenzial erleichtern. Konkret hilft die vorliegende Studie, die Biosynthese mikrobieller Sekundärmetaboliten besser zu verstehen, und liefert Hinweise auf eine wesentliche Funktion des ABC-Transporters bei der Naturstoffsynthese. „Wir gehen davon aus, dass diese Ergebnisse für das Verständnis der Architektur und der zellulären Organisation von NRPS-Multienzym-Maschinen von hoher Relevanz sind und eine Grundlage für zukünftige Arbeiten bilden, die zur Entdeckung neuartiger bioaktiver mikrobieller Produkte beitragen könnten“, so Ehling-Schulz. Etwa, um neuartige Therapeutika gegen panresistente Mikroben zu finden. „Die von uns beschriebene Funktion der untersuchten ABC-Transportern bei der Cereulid-Biosynthese könnte einen wichtigen und neuen Ansatzpunkt zur Optimierung der Nutzung nicht-ribosomaler Naturstoffe darstellen“, betont Ehling-Schulz.

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