Von der Biopaste zum Bioplastik
Forstwissenschaftler entwickeln für den 3D-Druck neuartige Materialien auf Holzbasis
Lisa Ebers
Lignin verstärkt die Zellwände von Pflanzenzellen und bewirkt, dass diese verholzen – ein Mechanismus, mit dem sich die Pflanzen beispielsweise vor Wind oder vor Schädlingen schützen. In der Papierherstellung bleibt es als Abfallprodukt zurück und wird zum Großteil zur Produktion von Bioenergie verbrannt. „Wir forschen daher nach alternativen Möglichkeiten, um diesen Rohstoff in Zukunft besser nutzen zu können“, sagt Laborie. Hierfür hat das Team eine Materialkombination, die bereits in den 1980er Jahren von einem US-amerikanischen Forschungsteam untersucht wurde, nochmals genauer unter die Lupe genommen. In diesem System sind einerseits Flüssigkristalle auf der Basis von Zellulose, dem Hauptbestandteil pflanzlicher Zellwände, neben der Festigkeit für ein gutes Fließverhalten der Biopaste verantwortlich. Der andere Bestandteil, Lignin, kann im Verarbeitungsprozess des Biokunststoffs, wie Robert Gleuwitz in seiner Doktorarbeit herausgefunden hat, die Mikrostruktur „verkleben“. Deren Ausrichtung bestimmt in der Folge die Eigenschaften des Biokunststoffs: So kann er beispielsweise steifer oder flexibler reagieren, je nachdem, aus welcher Richtung eine Kraft auf ihn einwirkt.
Bis zu einer möglichen industriellen Anwendung, etwa als Verbundwerkstoff im Leichtbau, sind jedoch weitere Forschungsarbeiten erforderlich. Bislang nutzt das Team besonders reines, in einer Pilot-Bioraffinerieanlage des Fraunhofer-Zentrums für Chemisch-Biotechnologische Prozesse (CBP) in Leuna hergestelltes Lignin – ob sich das Abfallprodukt aus der Papierindustrie auch direkt verarbeiten lässt, bleibt noch zu untersuchen. Wie Lisa Ebers in ihrer Doktorarbeit zeigt, lassen sich außerdem die Eigenschaften des Biokunststoffs vielfach verändern, etwa indem die Bausteine chemisch bearbeitet oder variiert werden: Die bisherigen Versuche fanden mit Lignin aus Buchen statt – wird es aus anderen Pflanzen gewonnen, bringt es ebenso andere Materialeigenschaften mit wie andere Flüssigkristalle, auch wenn diese abermals auf Zellulose basieren. Die optimalen Mengenanteile sind je nach geplanter Anwendung ebenfalls unterschiedlich. Darüber hinaus werden die Forscher zeitnah eine ganz andere Einsatzmöglichkeit testen: Mit Hilfe des bio-basierten Materials könnte die Qualität von Böden analysiert werden. Dies geschieht, indem die Abbaubarkeit von Lignin und Cellulose in verschiedenen Bodentypen geprüft wird.
Originalveröffentlichung
Gleuwitz, F.R./ Sivasankarapillai, G./ Siqueira, G./Friedrich, C./ Laborie, M.-P. G.; "Lignin in Bio-Based Liquid Crystalline Network Material with Potential for Direct Ink Writing"; Applied Bio Materials; 2020.
Gleuwitz, F.R./ Sivasankarapillai, G./Chen, Y./Friedrich, C./ Laborie, M.-P. G.; "Lignin-Assisted Stabilization of an Oriented Liquid Crystalline Cellulosic Mesophase, Part B: Toward the Molecular Origin and Mechanism"; Biomacromolecules; 2020, 21/6, S. 2276−2284.
Gleuwitz, F.R./Friedrich, C./Laborie, M.-P. G.; "Lignin-Assisted Stabilization of an Oriented Liquid Crystalline Cellulosic Mesophase, Part A: Observation of Microstructural and Mechanical Behavior"; Biomacromolecules; 2020; 21/3, S. 1069−1077.