Schutzschild: Wie Keime saurem Milieu im Körper trotzen

Zellwand als therapeutischer Angriffspunkt zur Behandlung gefährlicher Infektionen mit MRSA

07.05.2020 - Schweiz

Bestimmte Bakterien wie der gefährliche Krankenhauskeim MRSA können sich vor sauren Bedingungen in unserem Körper schützen und sichern so ihr Überleben. Den zugrunde liegenden Mechanismus haben nun Forscher am Biozentrum der Universität Basel aufgeklärt. Dabei kommt einem Enzym der Zellwandbiosynthese eine Schlüsselrolle zu, berichten sie in der Fachzeitschrift «Nature Structural & Molecular Biology».

University of Basel, Biozentrum

Flippase-Transportprotein, das am Aufbau der bakteriellen Zellwand beteiligt ist.

In Schweizer Spitälern infizieren sich jedes Jahr Tausende von Patienten mit gefährlichen Erregern, die kaum noch mit Antibiotika zu bekämpfen sind. Unter den multiresistenten Krankenhauskeimen ist besonders das Methicillin-resistente Bakterium Staphylococcus aureus, kurz MRSA, gefürchtet. Es kann schwere Wundinfektionen, Atem- und Harnwegsentzündungen sowie lebensbedrohliche Blutvergiftungen hervorrufen. Erschwerend kommt hinzu, dass MRSA chronische Infekte verursacht.

Zellwand als therapeutischer Angriffspunkt

Auf der Suche nach neuen antimikrobiellen Angriffspunkten kommt der Zellwand von Bakterien eine Schlüsselrolle zu. Denn nur eine intakte Zellwand kann die Keime vor der Immunabwehr des Wirtes und vor Antibiotika schützen. In einer aktuellen Studie haben Wissenschaftler unter der Leitung von Prof. Camilo Perez vom Biozentrum, Universität Basel, nun die Struktur und Funktionsweise eines Flippase-Transportproteins, welches bei MRSA an der Herstellung von Lipoteichonsäuren beteiligt ist, aufgeklärt. Lipoteichonsäuren sind ein wichtiger Bestandteil der Zellwand grampositiver Bakterien. Sie verleihen der Zellwand Stabilität, erleichtern den Keimen die Besiedelung des Wirtes und sie sind antibiotikaabweisend.

Transport von Ankermolekül an Zielort

Die Zellwand ist eine elastische Schicht, welche die Zellmembran umgibt und die Bakterien schützt. Die langkettigen Lipoteichonsäuren sind in die Zellwand eingebettet und mit einem «Anker»-Molekül an der Zellmembran befestigt. Ohne diesen «Anker» könnten Lipoteichonsäuren der Zellwand nicht die nötige Stabilität verleihen. «Basierend auf unseren Struktur-Funktions-Analysen konnten wir nun erstmals zeigen, wie genau das Anker-Molekül an seinen Zielort gelangt und wie die Bakterien Energie für diesen Prozess bereitstellen», sagt Perez. Im Austausch mit Wasserstoffionen dreht der Flippase-Transporter den «Anker» von der Innenseite der Bakterienmembran, seinem Herstellungsort, zur Aussenseite, dem Ort der Lipoteichonsäure-Synthese.

Überlebensstrategie von grampositiven Bakterien

«Dass der Transport von Wasserstoff-Ionen mit der Herstellung von Lipoteichonsäure gekoppelt ist, stellt einen grossen Überlebensvorteil für diese Bakterien dar», so Perez. «Die Nischen im menschlichen Körper, welche bevorzugt durch Staphylococcus aureus besiedelt werden, weisen meist ein saures Milieu auf. Das heisst, die Konzentration an Wasserstoff-Ionen ist dort höher. Die Bakterien trotzen diesen sauren Bedingungen, indem sie sich einfach eine dickere Schutzschicht aus Lipoteichonsäuren zulegen.»

Zudem konnten die Forscher zeigen, dass es bei Staphylococcus aureus, denen das Flippase-Enzym fehlt, zu gravierenden Wachstumsstörungen kommt. Demnach ist die Flippase für das Überleben von Staphylokokken in unserem Körper enorm wichtig und könnte als neuer pharmakologischer Angriffspunkt zur Behandlung gefährlicher Infektionen mit MRSA in Betracht gezogen werden.

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