Herpesvirus mit neuen Methoden entschlüsselt
Umfassende systembiologische Analyse des Herpesviren-Erbguts sorgt für Überraschungen
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Bislang hatte die Wissenschaft angenommen, dass es im Erbgut des Herpes-simplex-Virus 1 (HSV-1) etwa 80 sogenannte offene Leseraster gibt. So heißen die Stellen im Erbgut, an denen die Informationen der DNA abgelesen und in Proteine übersetzt werden. Nun steht fest: Es gibt insgesamt 284 solche Leseraster. Diese werden übersetzt und gebildet von hunderten viraler Transkripte, die ebenfalls identifiziert wurden.
Das berichten Forschungsgruppen der Julius-Maximilians-Universität (JMU) Würzburg und anderer Institutionen im Fachjournal Nature Communications.
„Die neuen Erkenntnisse machen es möglich, die einzelnen Gene des Virus noch viel präziser als bisher zu untersuchen“, sagt Professor Lars Dölken, Leiter des JMU-Lehrstuhls für Virologie. Er war bei diesem Projekt federführend zusammen mit Florian Erhard, JMU-Juniorprofessor für Systemvirologie.
Mehrere Institutionen beteiligt
Für die Studie setzte das Forschungsteam ein breites Spektrum neuester systembiologischer Methoden ein. Beteiligt waren neben der JMU das Max-Delbrück-Zentrum für Molekulare Medizin in Berlin, die Universität Cambridge in England sowie die Ludwig-Maximilians-Universität München.
Die Daten sind nicht nur wichtig für ein besseres Verständnis des Virus selbst. Sie haben auch konkrete Auswirkungen, zum Beispiel auf die Entwicklung von HSV-1-basierten onkolytischen Viren. Das sind Viren, die bei immunologischen Therapien bestimmter Tumorerkrankungen zum Einsatz kommen, etwa beim Malignen Melanom.
Fakten zum Herpes-simplex-Virus 1
Als Verursacher unangenehm juckender Lippenbläschen sind Herpes-simplex-Viren vom Typ 1 (HSV-1) vielen Menschen bekannt. Eine Infektion mit diesem Virustyp kann aber auch gravierende Folgen haben. HSV-1 kann beispielsweise bei Patienten auf Intensivstationen lebensbedrohliche Lungenentzündungen auslösen. Und bei Gesunden kann es Gehirnentzündungen verursachen, die oft bleibende Gehirnschäden nach sich ziehen.
Wer sich einmal mit dem Virus infiziert hat, behält es für den Rest seines Lebens: Herpesviren nisten sich dauerhaft in Körperzellen ein. Dort bleiben sie meistens für lange Zeit unauffällig. Erst unter besonderen Umständen, etwa bei einem schwächelnden Immunsystem, werden sie wieder aktiv.