Problematische Anhäufung von Zellschrott in Nervenzellen

Forschungsteam klärt Funktion eines Proteins auf, das bei einer speziellen Demenz fehlreguliert ist

12.03.2020 - Deutschland

Für eine Demenz, also die Verschlechterung von geistigen Fähigkeiten, gibt es verschiedene Ursachen. Eine der weniger bekannten ist die Frontotemporale Lobärdegeneration (FTLD). Hierbei gehen Nervenzellen vor allem im Stirn- und Schläfenbereich zugrunde. Als Risikofaktor für die FTLD-Demenz wurde das Protein TMEM106B identifiziert. Es gehört zum körpereigenen „Recyclingsystem“ in den Lysosomen der Zellen. Wofür es wichtig ist, hat ein Team unter Leitung von Dr. Markus Damme vom Biochemischen Institut der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) im Tiermodell untersucht. „Wir wollten die Funktion dieses Proteins aufklären, um besser zu verstehen, wie es den Verlust von Nervenzellen bei Menschen mit Demenz beeinflussen kann“, erklärt der Kieler Biochemiker Damme. Die in Kooperation mit Münchner und Würzburger Arbeitsgruppen entstandene Arbeit wurde im Fachmagazin Cell Reports veröffentlicht.

© Markus Damme

Mikroskopische Aufnahme vom Gewebeschnitt des Mausgehirns (60-fache Vergrößerung). Grün angefärbt sind die Nervenzellen, rot die Lysosomen und blau die Zellkerne.

Seit einigen Jahren ist bekannt, dass es unterschiedliche genetische Varianten gibt, die für das Protein TMEM106B kodieren. „Je nachdem, welche Genvariante man besitzt, hat man ein höheres Risiko an FTLD zu erkranken oder ein geringeres Risiko. Bislang ist aber nicht bekannt, was diese Varianten im Detail bewirken“, erklärt Dr. Markus Damme, der seit 2013 am Biochemischen Institut der Medizinischen Fakultät an der CAU forscht und lehrt. Forschungsschwerpunkt seiner Arbeitsgruppe ist die Charakterisierung von lysosomalen Proteinen. Lysosomen sind kleine Bläschen in der Zelle und für den Abbau und Abtransport von Zellbestandteilen zuständig. Sie fungieren quasi als Recyclingsystem. „Ziel unserer Forschung ist es, die Funktion der lysosomalen Membranproteine zu klären, insbesondere solcher, deren Fehlfunktion zu Krankheiten oder Neurodegeneration führt.“ Hierzu gehört auch das Protein TMEM106B.

Gestörter Transport von Lysosomen

Um einen Einblick in die zellulären Prozesse zu bekommen, die von dem Protein TMEM160B abhängen, wurden gentechnisch Mäuse erzeugt, denen das Protein fehlte. Beim Vergleich dieser Knockout-Mäuse mit unveränderten Mäusen kam heraus, dass es offensichtlich eine wichtige Funktion beim Transport der Lysosomen in einer Zelle hat. Damme: „Die Lysosomen müssen in Nervenzellen dorthin transportiert werden, wo zellulärer Schrott abgebaut werden muss. Das ist in Nervenzellen besonders kompliziert, da sie lange Zellausläufer, sogenannte Axone, besitzen. Die Lysosomen müssen in den Zellausläufern aktiv transportiert werden. Und bei diesem Transport spielt TMEM106B eine wichtige Rolle.“ Fehlt das Protein, wird weniger „Zellschrott“ abgebaut und sammelt sich an. Dies könnte erklären, so Damme, warum Veränderungen im TMEM106B-Gen die frontotemporale Demenz beeinflussen. Denn es sei bekannt, dass Demenzerkrankungen durch zunehmende Anhäufung von Zellschrott verursacht werden. Eine weitere Beobachtung war, dass diese neurologischen Veränderungen auch motorische Auffälligkeiten nach sich zogen. Um Rückschlüsse auf die Situation beim Menschen zu ziehen, sind laut Damme weitere Untersuchungen notwendig.

Originalveröffentlichung

Weitere News aus dem Ressort Wissenschaft

Meistgelesene News

Weitere News von unseren anderen Portalen

Heiß, kalt, heiß, kalt -
das ist PCR!