Verantwortungsbewusste Forschung

Entwicklung verantwortungsvoller Forschungs- und Innovationspraktiken

16.12.2019 - Deutschland

Was bedeutet es, verantwortungsbewusst zu forschen? Dieser Fragestellung gingen Wissenschaftler der Fraunhofer Gesellschaft und der niederländischen TNO in dem Projekt JERRI drei Jahre lang nach. Es wurden Aspekte wie Ethik, Gender und Bürgerbeteiligung in der Wissenschaft betrachtet. Beim Fraunhofer UMSICHT lag der Fokus auf der Integration von Bürgerbeteiligung in den wissenschaftlichen Alltag. Mit Projektabschluss werden Konzepte präsentiert, damit zukünftig eine verantwortungsbewusste Praxis in der angewandten Forschung gewährleistet bleibt.

© Fraunhofer UMSICHT

Zusammenarbeit von angewandter Forschung und Gesellschaft durch Bürgerbeteiligung.

Das Akronym JERRI steht für »Joint Efforts for Responsible Research and Innovation«. In dem Projekt wurden drei Jahre lang gemeinsame Standards für Wissenschaft und Forschung mit dem Ziel entwickelt, diese verantwortungsbewusst und nachhaltig zu gestalten und gesellschaftliche Herausforderungen zu lösen. Die Fraunhofer Gesellschaft und TNO (The Netherlands Organization of Applied Scientific Research) aus den Niederlanden haben sich als Europas größte Forschungseinrichtungen für angewandte Forschung zusammengetan, um im Rahmen des Projekts JERRI Fortschritte bei der Entwicklung verantwortungsvoller Forschungs- und Innovationspraktiken zu erzielen.

Was bedeutet verantwortliche Forschung?

Im Laufe des Projekts wurden fünf Schlüsselelemente verantwortungsvoller Forschung und Entwicklung untersucht: Bürgerbeteiligung, Ethik, Gender, Open Access und wissenschaftliche Bildung. Eventuelle Hürden bei der weiteren aktiven Umsetzung wurden identifiziert und Strategien entwickelt wie die verschiedenen Bereiche dauerhaft in der Forschungspraxis verankert werden können. Mit Pilotprojekten wurden diese in den teilnehmenden Forschungsinstituten getestet.

Die Ergebnisse umfassen neue Qualifizierungsformate für Wissenschaftler, Praxisleitfäden und Informationsbroschüren und verstehen sich als erste Schritte zur dauerhaften Umsetzung und Implementierung der Schlüsselelemente. Neben wissenschaftlichen Organisationen richten sich die Ergebnisse aus JERRI auch an Unternehmen, Entscheidungsträger aus Politik und Organisationen der Forschungsförderung. Neue Geschäftsmodelle, Richtlinien, Workshops oder Orte für den Austausch mit Bürgern können auch dabei helfen neue Ideen zu generieren, die interne Unternehmensführung zu stärken und die eigene Position als verantwortungsbewusste Organisation zu fördern.

Beteiligung von Bürgern

Das Fraunhofer UMSICHT beschäftigte sich dabei besonders mit dem Schlüsselaspekt der Bürgerbeteiligung. Ein gegenseitiger Austausch und Lernprozess zwischen Wissenschaftlern und Bürgern ist wichtig, um die Wahrnehmung und Reflektion von Wissenschaftlern in Bezug auf soziale Bedürfnisse zu erhöhen.
»Aus organisatorischer Sicht besteht ein klarer Bedarf an einer Veränderung der institutionellen Werte und einer Kultur der Offenheit für gesellschaftliches Engagement. Trotz starker Basisaktivitäten zeigte sich, dass das Potential eines aktiven Austausches mit Bürgern und die Einbeziehung einer breiteren Öffentlichkeit bislang nur von einer Handvoll Wissenschaftler erkannt und praktiziert wird. Um die Wissenschaft auf Organisationsebene zu demokratisieren, müssen wir das gesellschaftliche Engagement auf mehreren Ebenen verankern: auf Projektebene (z. B. Stakeholder-Dialoge, User-Design- oder Citizen-Science-Projekte), auf organisatorischer Ebene (Agenda-Setting) und auch als etablierte Forschungsstrategie.«, sagt Venkat Aryan, Teilprojektleiter von JERRI und Mitarbeiter der Abteilung Nachhaltigkeits- und Ressourcenmanagement beim Fraunhofer UMSICHT.

Austausch im Bürgercafé

Ein entwickeltes und getestetes Format war das Bürgercafé, in dem gezeigt wurde, dass Forschungseinrichtungen als offene Plattformen für lokalisierte und dennoch vielfältige Diskurse fungieren können. Das Bürgercafé wurde als Reihe von Treffen konzipiert, bei dem Oberhausener gemeinsam mit Forschenden von Fraunhofer UMSICHT zusammen Ideen entwickeln und arbeiten können (analog zu einem Co-working space). Das Modell ist hybrid – ein Teil des Formats bringt die Öffentlichkeit ans Institut und zu dessen Forschungstätigkeit; der andere Teil bringt das Institut in die Stadt und in die Öffentlichkeit. Für jeweils einige Stunden haben somit die Bürger die Gelegenheit, ihre Anliegen, Fragen und auch Bedenken unmittelbar vorzubringen. Nach jeder Sitzung bewerteten die Beteiligten das Treffen unter den Gesichtspunkten Transparenz, Verantwortung, Kommunikation und Beteiligung. Dadurch soll langfristig eine Grundlage für eine konstruktive Arbeits- und Austauschatmosphäre zwischen dem Fraunhofer UMSICHT und seiner Umgebung geschaffen werden.

Das nächste Ziel ist, ein Fraunhofer Leitprojekt zu initiieren, das alle Dimensionen (Bürgerbeteiligung, Ethik, Gender, Open Access und wissenschaftliche Bildung) gleichzeitig berücksichtigt und in dem die von JERRI entwickelten Forschungsansätze und Instrumente weitere Praxisanwendung erfahren.

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