Tuberkulose: Neue Einblicke in den Erreger

11.10.2019 - Deutschland

Forscher der Universität Würzburg und des spanischen Krebsforschungszentrums haben neue Erkenntnisse über den Erreger der Tuberkulose gewonnen. Die in Nature veröffentlichte Arbeit liefert die Grundlage für einen neuen Ansatzpunkt in der Antibiotikatherapie.

Sebastian Geibel

Modell des jetzt entschlüsselten Sekretionssystems des Mycobacteriums tuberculosis. Gut zu erkennen ist in seinem Zentrum die Pore der Nanomaschine.

Tuberkulose ist eine hochansteckende Infektionskrankheit, die über den Luftweg übertragen wird und hauptsächlich die Lunge befällt. Laut Weltgesundheitsorganisation WHO sterben jedes Jahr geschätzte 1,7 Millionen Menschen weltweit an einer solchen Infektion. Zudem trägt ein Viertel der Weltbevölkerung eine Form der Tuberkulose in sich, die über lange Zeit im Verborgenen schwelt. Sie zeigt zunächst keine Symptome, kann aber zu einem späteren Zeitpunkt ausbrechen.

Nanomaschinen in der Zellhülle

Bei einer Ansteckung scheidet der Erreger der Tuberkulose, das Mycobacterium tuberculosis, über sogenannte Typ VII-Sekretionssysteme eine Vielzahl an spezialisierten Effektorproteinen aus. Diese kleinen, aus Proteinen bestehenden Nanomaschinen in der Zellhülle sorgen dafür, dass das Mycobacterium beispielsweise die Immunabwehr bekämpfen oder die Aufnahme von Nährstoffen sicherstellen kann, um sich im Wirt zu vermehren. Die Funktionsweise dieser zentralen Sekretionssysteme ist bisher wenig verstanden.

Wissenschaftlern der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) und vom spanischen Krebsforschungszentrum CNIO (Centro Nacional de Investigaciones Oncológicas) ist es jetzt gelungen, die molekulare Struktur dieser Nanomaschinen zu entschlüsseln. Federführend bei diesen Arbeiten war Dr. Sebastian Geibel, der eine vom Elitenetzwerk Bayern finanzierte Arbeitsgruppe am Institut für Molekulare Infektionsbiologie leitet und gleichzeitig mit dem Rudolf-Virchow-Zentrum der JMU affiliert ist. In der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Nature haben die Wissenschaftler die Ergebnisse ihrer Arbeit veröffentlicht.

Messungen bei Tiefsttemperaturen

Die Arbeitsgruppe um Sebastian Geibel hat in den vergangenen fünf Jahren intensiv daran gearbeitet, eine dieser Sekretionsmaschinen stabil zu rekonstituieren und die empfindliche Probe für Messungen am Kryo-Elektronenmikroskop vorzubereiten. Dazu müssen die Proteinkomplexe zunächst unter definierten Bedingungen schockgefroren werden.

In Zusammenarbeit mit der spanischen Arbeitsgruppe um Oscar Llorca, die in Madrid in einem aufwendigen Verfahren dreidimensionale Karten des Proteinkomplexes generierte, konnten die Würzburger Forscher ein Model der Molekülstruktur erstellen. Es gelang, wichtige Elemente der Nanomaschine zu identifizieren, die die Transportpore formen, als auch Elemente zu bestimmen, die chemische Energie in Bewegung umwandeln und dadurch den Transport der Effektorproteine durch die Pore antreiben.

Neuer Ansatz für neue Wirkstoffe

Die Erkenntnisse der Forscher führen zu einem tieferen Verständnis der Funktionsweise von Type VII-Sekretionssystemen. Da es momentan noch keinen umfassenden Impfschutz gegen Tuberkulose gibt und gleichzeitig immer mehr Tuberkulose-Erreger Resistenzen gegen gängige Antibiotika entwickeln, schaffen die Erkenntnisse der Forscher die Grundlage für die Entwicklung neuer Wirkstoffe in der Antibiotikatherapie.

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