Multiresistente Keime: Großstadt-Ratten als mögliche Quelle

09.09.2019 - Österreich

Ratten und die Pest – das war über Jahrhunderte ein allgegenwärtiges, tödliches Bedrohungsszenario in Europa. Doch die von Ratten ausgehende Gefahr für den Menschen ist nicht gebannt, wenn auch in anderer Form: Eine aktuelle Studie zeigt, dass viele in Wien lebende Ratten Träger gefährlicher multiresistenter Keime sind. Die Arbeit ist das Ergebnis einer internationalen Kooperation zwischen der Vetmeduni Vienna (Forschungsinstitut für Wildtierkunde/Ökologie, Institut für Mikrobiologie), der Österreichischen Agentur für Ernährungssicherheit (AGES), der Freien Universität Berlin sowie dem Leibniz-Institut für Photonische Technologien.

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Symbolbild

Die Entstehung von multiresistenten Krankheitserregern wird zu einem immer größeren, globalen Problem für die Gesundheit von Mensch und Tier. Ein Forschungsteam hat nun bei in der Wiener Innenstadt zwischen 2016 und 2017 gefangenen Ratten festgestellt, dass rund jede siebente davon (14,5%) multiresistente Enterobakterien – deren wichtigster Vertreter als Kolibakterien bekannt sind – in sich trug. Die in Wien erhobene Häufigkeit ist damit vergleichbar zum in früheren Studien in anderen Großstädten festgestellten Auftreten. So betrug die Prävalenz beispielsweise in Berlin 13,6% und in Hongkong 13,9%. Zudem trugen mehr als die Hälfte der Ratten in Wien (59,7 %) gefährliche, multiresistente Staphylokokken in sich.

Besorgniserregende Häufigkeit von multiresistenten Bakterien

„Obwohl die genaue Wechselwirkung zwischen mit multiresistenten Keimen belasteten Ratten und dem Risiko für die menschliche Gesundheit derzeit noch nicht geklärt ist, ist die von uns beobachtete Häufigkeit multiresistenter Keime besorgniserregend“, so die Autoren. „Eine der von uns untersuchten Ratten wurde beispielsweise in einem Grünbereich gefangen, der im Sommer von Obdachlosen als Schlafstelle genutzt wird. Diese besondere Situation erhöht das Risiko einer Übertragung der resistenten Bakterien. Grundsätzlich ist für eine Übertragung aber auch eine Vielzahl weiterer Szenarien denkbar. Die Bekämpfung von Ratten, aber auch anderer Nagetiere wie Mäuse, ist und bleibt in Städten deshalb eine wichtige Priorität für die öffentliche Gesundheit“.

Ratten – ein gefährlicher Krankheitsüberträger

In Bezug auf die Verbreitung und Entwicklung multiresistenter Keime sind Wanderratten (Rattus norvegicus) besonders relevant. Ratten gelten als die produktivste und am weitesten verbreitete städtische Schädlingsart. Sie ernähren sich von menschlichen Abfällen und besiedeln das Abwassersystem, wodurch sie häufig mit menschlichen Fäkalien interagieren und multiresistente Bakterien aufnehmen und verbreiten können. Über die genaue Rolle von Ratten in der Epidemiologie multiresistenter Keime ist bisher noch wenig bekannt. Die vorliegende Studie liefert deshalb einen wichtigen Beitrag, um den Kenntnisstand in diesem Bereich zu verbessern.

Klimawandel und Landflucht als wichtige Ursachen

Mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung lebt in Städten, und bis 2030 wird dieser Anteil auf 60% gestiegen sein. Die dichte menschliche Bevölkerung, die zunehmende Interaktion mit der städtischen Tierwelt und das wärmere städtische Mikroklima begünstigen die Entstehung von Zoonosen – also Krankheiten, die von wildlebenden Tieren auf den Menschen übertragen werden – in Städten. Städte können dadurch Orte sein, an denen Krankheitserreger eingeschleppt und verbreitet werden.

Trotz ihres schlechten Rufes sind die kleinen Nagetiere nützlich für die Wissenschaft. Ratten sind in städtischen Gebieten allgegenwärtig und kommen mit allen Arten von Abwässern in Berührung. Die Wissenschaft macht sich dies zu Nutze, um Informationen über mögliche Antibiotikaresistenzen bei Ratten in der urbanen Umgebung zu gewinnen.

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