Antibiotische Schmuckschnalle
Chemische Synthese zeigt: Antibiotikum aus der menschlichen Nase wirkt durch Protonen-Translokation
Das interessanteste Bauelement von Lugdunin ist seine Thiazolidin-Gruppe (Fünfring aus drei Kohlenstoffatomen, einem Stickstoff- und einem Schwefelatom), die Teil des Peptid-Rings ist. Dieser Fünfring erinnert an eine Spange, die den Peptid-Ring „verziert“. Daher nannten die Forscher die neue Stoffklasse „Fibupeptide“ von lat. fibula: Spange. Den Forschern war bereits die Synthese des natürlichen Lugdunins gelungen. Nun optimierte das Team von der Universität Tübingen und der Universität Göttingen den Syntheseweg, um viele verschiedene Derivate des Naturstoffs für eine umfassende Studie des bisher unbekannten Wirkmechanismus durchzuführen. So ersetzten sie etwa nacheinander jede Aminosäure des Peptid-Rings durch die Aminosäure Alanin, ließen die „Zierspange“ weg und stellten ein spiegelbildlich aufgebautes Fibupepdid her. Mit den Derivaten führten sie Aktivitätstests durch.
Auf diese Weise fand das Team aus Chemikern, Biochemikern und Mikrobiologen heraus, dass der zyklische Aufbau des Peptids, die Thiazolidin-„Spange“, aber auch zwei der Aminosäuren, Tryptophan und Leucin, unabdingbar für die antibiotische Wirkung sind. Außerdem muss der Peptid-Ring immer abwechselnd aus D- und L-Aminosäuren aufgebaut sein. Ob Original oder Spiegelbild ist dagegen egal. „Das spricht gegen eine stereospezifische Rezeptor-Ligand-Wechselwirkung“, so Nadine Schilling aus der Forschungsgruppe von Stephanie Grond, „sondern für die Interaktion mit einem kleinen Molekül oder Ion.“
Darüberhinaus fanden die Autoren, dass aktive Lugdunin-Derivate das elektrische Potential (Spannungsdifferenz zwischen der Außen- und Innenseite) bakterieller Zellmembranen zusammenbrechen lässt und die Bakterien so abtötet. Der Einbau eines zusätzlichen Trypthophans intensivierte die Wechselwirkungen mit Membranen – und verstärkte die antibakterielle Wirkung. Grond: „Diese Ergebnisse legten einen Ionentransport über die bakterielle Membran nahe.“ Um dies näher zu beleuchten, wurden künstliche Vesikel mit einem pH-Gradienten gegenüber der umgebenden Lösung erzeugt. Zugabe aktiver Fibupeptide führte zu einem raschen pH-Ausgleich – ohne die Membranen zu zerstören oder Poren zu bilden. „Der Wirkmechanismus besteht offenbar in einer Translokation von Protonen über die Membran“, so Grond. „Ob Lugdunin dabei als mobiler Transporter oder als Protonenkanal agiert, muss noch geklärt werden.“
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